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Guantanamo: Kurnaz-Anwalt kritisiert Schäuble

Der Anwalt des früheren Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz, Bernhard Docke, hat die Bundesregierung aufgerufen, ihren Streit beizulegen und sich zur Aufnahme von Insassen des US-Lagers bereit zu erklären.

Berlin - „Es geht nicht um Prinzipien, sondern um Schicksale“, sagte Docke am Freitag dem Tagesspiegel. Unabhängig von rechtlichen Verpflichtungen sei Deutschland eine „humanitäre Geste“ schuldig. Die Bundesrepublik habe Guantanamo nach außen kritisiert, jedoch die US-Regierung unter George W. Bush dabei unterstützt, Terrorverdächtige in rechtsfreie Räume zu verbringen. So habe die Regierung dem US-Geheimdienst gestattet, mit Gefangenen deutsches Staatsgebiet zu überfliegen. Auch seinem Mandanten Kurnaz sei Hilfe verweigert worden. Docke kritisierte, von den Häftlingen seien Zerrbilder gezeichnet worden. Man habe so getan, als würden die Verantwortlichen der Terroranschläge vom 11. September inhaftiert. Dabei seien nur rund fünf Prozent der Insassen von den USA selbst aufgegriffen worden. Die meisten seien den Amerikanern zugeliefert worden, etwa von Kopfgeldjägern.

Dass viele Insassen gefährlich seien, will Docke als Argument nicht gelten lassen. „Eine mögliche Gefahr ist keine rechtsstaatlich taugliche Kategorie“, sagte der Anwalt. Wer aufgrund fehlender Beweise nicht angeklagt werden kön ne, sei freizulassen. Der Anwalt wandte sich gegen die jüngsten Einlassungen von Bundesinnenminister Wolfgang Schäu ble (CDU), der andeutete, mit der Entlassung von Kurnaz ende die deutsche Verantwortung. Zwar habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Fall engagiert behandelt, „aber auch Schäuble gehörte zu denen, die zögerten“. Dass Kurnaz nun frei sei, dürfe nicht als Argument missbraucht werden, Deutschland habe damit seine Schuldigkeit getan.

Nach Schätzungen von Menschenrechtlern halten sich noch rund 250 Gefangene in dem Lager auf. Es wird davon ausgegangen, dass rund 50 Personen sofort freigelassen werden könnten, weil sich Vorwürfe gegen sie als nicht haltbar erwiesen hätten. Jost Müller-Neuhof

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