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Guantanamo: Wikileaks: Geheimdienste ahnungslos

Neueste Enthüllungen zu Guantanamo: Es gab offenbar schwere Irrtümer der US-Geheimdienste bei der Beurteilung der Terrorgefangenen. Gefährliche Insassen wurden als harmlos eingestuft und harmlose als bedrohlich.

Trotz des aufwendigen Verwahrungssystems für Terrorverdächtige in Guantanamo und umstrittener Verhörmethoden, die in Einzelfällen Folter einschlossen, haben die US-Sicherheitsdienste kein zuverlässiges Bild ihrer Gefangenen gewonnen. Hunderte waren mehrere Jahre eingesperrt, obwohl keine Beweise für schwere Verbrechen vorlagen. In mindestens 42 Fällen wurden umgekehrt Gefangene als „ungefährlich“ entlassen, die sich dann an Terroranschlägen beteiligten. Das ergibt sich aus rund 760 Dokumenten der US-Regierung aus der Zeit von 2002 bis Januar 2009, die verschiedene Medien von der Internetplattform Wikileaks erhalten und am Montag veröffentlicht haben.

Es ist die fünfte „WikileaksEnthüllung“ geheimer US-Dokumente seit Juli 2010. Vorausgegangen waren das „Bagdad-Video“ über den Beschuss von Zivilisten durch einen Kampfhubschrauber 2007, Kriegsdokumente aus Afghanistan und dem Irak sowie Berichte von US- Diplomaten. Offenbar stammen sie aus derselben Quelle. US-Soldat Bradley Manning steht unter Verdacht, sie in seiner Dienstzeit im Irak aus der Datenbank des US-Militärs heruntergeladen zu haben.

Die Guantanamo- Papiere enthalten keine überraschenden Neuigkeiten über das Lager und seine Insassen, sondern bestätigen das Bild, das US-Medien seit Jahren zeichnen, ergänzen es aber um Details zu namentlich genannten Einzelfällen. In rund einem Drittel der Fälle sind die Informationen überholt. Seit 2002 gab es 779 Gefangene. Bei Präsident Obamas Amtsantritt 2009 waren es noch 240. Er ordnete eine komplette Neubewertung aller Einzelfälle an. Die Wikileaks-Papiere betreffen nur den Zeitraum davor.

Die „New York Times“ hebt hervor, als wie „fehlerhaft“ sich die Erkenntnisse der Geheimdienste über die Gefangenen erwiesen haben. Ein 24-Jähriger habe sich als Afghane ausgegeben, der bei der Feldarbeit ein Bein verloren hatte und den Taliban als Fahrer diente. Wegen seiner Kooperationsbereitschaft erhielt er eine moderne Prothese und wurde 2004 entlassen. Tatsächlich war er ein bereits zuvor militanter Pakistani namens Abdullah Mehsud, der bald darauf einen Anschlag gegen Pakistans Innenminister mit 31 Toten organisierte und 2007 bei einem Selbstmordanschlag starb.

Aus den Wikileaks-Dokumenten geht zudem hervor, dass Al Qaida 2002 möglicherweise auch den Londoner Flughafen Heathrow mit einem entführten Flugzeug angreifen wollte.

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