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Guantánamo-Verschleppungen: Ruf nach deutscher Justiz

Im Zusammenhang mit Verschleppungen in das US-Gefangenenlager Guantanamo, die nach einem Medienbericht im US-Hauptquartier in Stuttgart geplant wurden, werden Rufe nach der deutschen Justiz laut.

Berlin/Stuttgart - Hintergrund ist ein Medienbericht, wonach illegale Transporte auch im europäischen US-Hauptquartier Eucom in Stuttgart geplant und koordiniert worden sein sollen. Die deutschen Behörden hielten sich bedeckt. Ermittlungsverfahren wurden bislang nicht eingeleitet. Die Bundesregierung wies Spekulationen zurück, wonach Deutschland in die Planungen einbezogen gewesen sein könnte.

Dem Bericht des ARD-Magazins "Report Mainz" zufolge soll Eucom Anfang 2002 die Verschleppung von sechs algerischen Häftlingen organisiert haben. Diese seien von Bosnien in die Türkei gebracht und von dort aus zusammen mit 28 Gefangenen aus Afghanistan nach Guantanamo geflogen worden. Bislang seien sie ohne förmliche Anklage in dem Lager auf Kuba inhaftiert. Das Magazin berief sich dabei auf einen Lagebericht des Eucom, wo auch deutsche Verbindungsoffiziere arbeiten.

Bisher keine Ermittlungen

Sowohl die Staatsanwaltschaft Stuttgart als auch die Bundesanwaltschaft sahen sich zunächst nicht veranlasst, Ermittlungen einzuleiten. Eine Sprecherin der Stuttgarter Behörde sagte, dies wäre verfrüht. Die Staatsanwaltschaft werde die weitere Entwicklung aber im Blick behalten. Auch ein Sprecher von Generalbundesanwältin Monika Harms in Karlsruhe sagte, es werde bislang nicht ermittelt. Weitere Stellungnahmen zu dem Bericht lehnten die Behörden ab.

Für ein Einschalten deutscher Ermittler hatte sich zuvor der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Manfred Nowak, ausgesprochen. Nach seiner Auffassung bieten die Recherchen Anlass für ein Ermittlungsverfahren, da die Behandlungen der Gefangenen während des Fluges als "schwerste Menschrechtsverletzungen" gelten müssten. "Natürlich wäre das ein Fall für die deutsche Staatsanwaltschaft, weil es ja in Deutschland passiert ist und von Deutschland aus koordiniert wurde", betonte Nowak.

Bundesregierung: "Keine Kenntnisse"

Ihm schloss sich der FDP-Obmann im BND Untersuchungsausschuss, Max Stadler, an. Die Staatsanwaltschaft müsse ermitteln, "denn die Planung dieser Tat fand in Deutschland statt". Stadler kündigte zugleich an, dass der Untersuchungsausschuss auch diesen Fall behandeln wird. Aufgeklärt werden müsse dringend, ob deutsche Verbindungsoffiziere davon wussten.

Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg betonte unterdessen, es habe keine CIA-Gefangenenflüge aus Deutschland oder über deutsches Hoheitsgebiet gegeben. Die Bundesregierung habe von solchen Flügen des US-Geheimdienstes "keine Kenntnis". Vom Verteidigungsministerium wurde lediglich bestätigt, dass seit sechs Jahren "durchgängig" zwei Offiziere der Bundeswehr bei Eucom seien, deren Aufgabe aber nur in der Entgegennahme und Weiterleitung von Anfragen und Anforderungen der Verbündeten bestehe. (Von Tanja Wolter, ddp)

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