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Politik: Gute Dienste und gutes Geld

Verdacht gegen Sachsens Ex-Minister Schommer: Hat er Staatsgeld in Millionenhöhe veruntreut?

Für die einen ist er ein Hansdampf in allen Gassen, der den wirtschaftlichen Aufbau in Sachsen nach dem Mauerfall voranbrachte. Für die anderen ist er vor allem ein gewiefter Machtmensch, der es mit Recht und Gesetz mitunter nicht so genau genommen hat. Kritiker des früheren Wirtschaftsministers Kajo Schommer könnten sich in diesen Tagen bestätigt fühlen. Die Staatsanwaltschaft Dresden hat Anklage gegen den CDU-Politiker erhoben. Ihm werden Untreue und Bestechlichkeit vorgeworfen.

Schommer, der zwischen 1990 und 2002 in Kurt Biedenkopfs CDU-Alleinregierung Minister war, soll seine Position missbraucht haben, um parteipolitische Vorteile zu erlangen. Er sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, Staatsgeld in Millionenhöhe veruntreut zu haben, um seine Partei im Landtagswahlkampf 1999 zu unterstützen. Ende 2002 war der Vorwurf erstmals laut geworden. Der Ex-Vorstandssprecher des Zwickauer Autoteilezulieferers Sachsenring, Ulf Rittinghaus, beschuldigte Schommer damals, er habe getrickst, um eine Spende von drei Millionen Mark für die Imagekampagne „Sachsen für Sachsen“ zu erhalten. Die Kampagne lief 1999 im Jahr der Landtagswahl und sollte die Erfolge des Freistaates und insbesondere der Regierung von Ministerpräsident Biedenkopf herausstreichen. Das Projekt wurde fast ausschließlich von Sachsenring bezahlt. Offiziell war die Imagekampagne „Sachsen für Sachsen“ kein Projekt der CDU, sondern der Wirtschaft; Staatskanzlei und CDU-Fraktion hatten sie aber kraftvoll vorangetrieben.

Nach Darstellung des Sachsenring-Managers hatte ihm Schommer 1999 vorgeschlagen, zur Unterstützung der CDU die umstrittene Kampagne mitzufinanzieren. Die Regierung werde Sachsenring dafür beim geplanten Erwerb der landeseigenen Mikroelektronikfirma ZMD Dresden entgegenkommen. Tatsächlich machte Sachsenring drei Millionen Mark für die Kampagne locker. Und tatsächlich konnte sich die Firma nach dem klaren CDU-Wahlerfolg über einen vier Millionen Mark höheren Zuschuss beim Kauf von ZMD freuen. Rittinghaus hätte womöglich nie etwas Schlechtes über Schommer gesagt, wäre Sachsenring nicht 2002 pleitegegangen. Der Manager hatte sich zuvor mit der Landesregierung in Dresden überworfen und gab ihr eine Mitschuld an der Misere.

Schommer bestreitet die Vorwürfe und spricht von nicht nachvollziehbaren Spekulationen. Eine solche Absprache habe es nie gegeben. Er habe bei einem zufälligen Treffen allenfalls über eine Spende an die CDU gescherzt, betont er. Rückendeckung erhielt er von Biedenkopf, der den Vorwurf, es sei unzulässig Geld zugunsten der CDU geflossen, zurückwies. Rittinghaus und Schommer haben ihre Versionen auch vor einem Landtags-Untersuchungsausschuss bekräftigt. Der konnte die Sache nicht endgültig klären und stellte imHerbst 2004 seine Arbeit ein. In der CDU von Regierungschef Georg Milbradt hatte man die Sache bereits abgehakt. Nun will die Bundestagsverwaltung den Verdacht verdeckter Parteispenden prüfen. Laut „Spiegel“ drohen der Bundes-CDU bis zu 4,5 Millionen Euro Strafe. Entsprechend genervt reagiert Sachsens CDU. Man sei mehr als verwundert, hieß es. „Die Vorwürfe sind abwegig“, sagt CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer.

Für Schommer selbst könnte es noch dicker kommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn seit geraumer Zeit auch wegen eines umstrittenen Beraterhonorars in Höhe von 600 000 Euro, das er kurz nach seiner Amtszeit vom Dualen System Deutschland erhielt. Geprüft wird, ob Schommer das Geld ohne entsprechende direkte Gegenleistung bekam, also womöglich nur, weil er sich in seiner Amtszeit vehement gegen das Dosenpfand eingesetzt hatte – im Sinne der Müllverwerter.

Lars Rischke[Dresden]

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