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In Hamburg ist die Welt noch in Ordnung: Ein Triumph für konsequente Stadtpolitik

Geheimnis des Erfolgs: Rot-Grün in Hamburg siegt mit Wohnungsbau und moderner Verwaltung. Das schafft stabile bürgerliche Verhältnisse. Ein Kommentar.

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Kaum etwas symbolisiert die Spaltung der Republik stärker als diese Wahl: Während im Osten Enttäuschte und Besorgte mit ihren Stimmen die Parlamente radikalisieren, gibt es aus Hamburg geradezu einen Aufschrei der liberalen Mitte. Mehr als achtzig Prozent geben ihr Kreuz den bürgerlichen Parteien, die AfD kommt vorläufig auf 5,3 Prozent.

SPD Spitzenkandidat und Erster Bürgermeister Peter Tschentscher jubelt nach der ersten Prognose auf der Wahlparty seiner Partei.
SPD Spitzenkandidat und Erster Bürgermeister Peter Tschentscher jubelt nach der ersten Prognose auf der Wahlparty seiner Partei.

© Christian Charisius/dpa

Für die geschundene Sozialdemokratie ist es ein Ergebnis wie aus einer vergangenen Welt. Zwar hat die Partei auch an der Elbe Prozente abgeben müssen. Aber auf was für einem Niveau. Ihr Spitzenkandidat, der amtierende und zukünftige Bürgermeister Peter Tschentscher, kann jubeln: Nirgendwo sonst ist die SPD noch so stark.

In Hamburg ist die Welt noch in Ordnung

Auch die Grünen prosperieren, mit artigem Benehmen und gemäßigten Konzepten. Sie verdrängen zusehends wie auch in anderen Metropolen die zerzauste Union, als modernere Alternative der Bürgerlichkeit. Statt Meckrigkeit und wachsendem Demokratie-Misstrauen, prägt die politische Kultur der Hansestadt eine geradezu mustergültige Liberalitäts-Coolness. Warum ist in dieser Stadt die Welt noch in Ordnung?

Die gern angeführte Unaufgeregtheit der Menschen kann das nur bedingt erklären: Die Hamburger können sich verdammt aufregen, wie etwa im Jahr 2001, als sie in ihrem Zorn auf ihre versagende Führung dem Ex-Amtsrichter Ronald Schill fast 20 Prozent der Stimmen schenkten. Nein, es ist eher so, dass in der Hansestadt gerade ziemlich viel richtig läuft. Und dass dies zu Recht den regierenden Sozialdemokraten und Grünen zugeschrieben wird, die sich in vielem von Parteifreunden andernorts unterscheiden.

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Die hanseatische SPD verfolgt eine Politik, die konträr zu vielem steht, was die Genossen im Rest des Landes für richtig halten. Sie ist eng (Kritiker sagen: zu eng) mit der Wirtschaft verflochten. Ihre Spitze hat keine Angst vor Wachstum und scheut nicht den Umgang mit Reichen.

Die Hansestadt ist eine der wohlhabendsten Städte Europas, die Löhne liegen rund 15 Prozent höher als in Berlin. Gerade Sozialdemokraten haben das Fundament ihrer prosperierenden Heimat verstärkt. Es war der SPD-Mann Henning Voscherau, der das Konzept für die HafenCity entwickelte, das moderne Gesicht Hamburgs, wo die Mieten nach Berliner Deckel-Maßstäben um die Hälfte abgesenkt werden müssten.

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Gleichzeitig hat Tschentschers Vorgänger Olaf Scholz ein Bauprogramm mit hohen Sozialverpflichtungen entwickelt. Seit Jahren bauen die Hamburger was das Zeug hält und haben es so geschafft, den Mietanstieg ohne Dirigismus unter die Inflationsmarke zu drücken. Kein Wunder, dass sie über die Berliner Wohnungspolitik den Kopf schütteln.

Die Hamburger SPD setzt auf Ordnungspolitik und eine effiziente Verwaltung - und gewinnt

Zudem vertritt die SPD seit dem Schill-Schock eine konsequente Ordnungspolitik. Es war der heutige Vizekanzler Scholz, der sich Anfang des Jahrtausends die Zero-Tolerance-Politik des New Yorker Bürgermeisters Rudy Giuliani zum Vorbild nahm und die offenen Drogenszenen der Stadt mit Härte bekämpfte.

Damals kam der Einsatz zu spät, der CDU-Kandidat Ole von Beust löste mit der Schill-Partei die Sozialdemokraten ab. Die Lehre hat die SPD-Führung nicht vergessen, was das sauberkeitsverliebte Bürgertum bis heute schätzt.

Schließlich hat der Senat einen Grundsatz verinnerlicht: Effiziente Verwaltung schafft zufriedene Bürger. Das heißt auch, sich nicht mit Zukunftsgeklingel zufriedenzugeben. Die Verwaltung glänzt mit Modellprojekten in Sachen Digitalisierung und Mobilität. Von den kurzen Wartezeiten und Online-Zugängen können die Berliner nur träumen.

Hamburgs Stadtoberhäupter strahlen nicht gerade vor Charisma. Für die Wähler ist wichtiger, dass sie ihrer Führung vertrauen können, ihren Sozialdemokraten und auch den Grünen, diese prosperierende, liberale und weltoffene Stadt voranzubringen und keinen politischen Mist zu bauen. Was so einfach klingt und andernorts so schwierig ist, führt zu einem unschätzbar wichtigen Kapital: Stabile bürgerliche Verhältnisse.

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