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Politik: Haben Sie gedient? Ja, als Vogelwart - Welche Konzepte die Parteien haben

Zum Wehrdienst haben inzwischen alle Parteien Position bezogen - das Stiefkind der Wehrpflicht aber, der Zivildienst, wird bislang noch stiefmütterlich behandelt. Ausformulierte Konzepte liegen erst von zwei Parteien auf dem Tisch: Den Grünen und der FDP.

Von Robert Birnbaum

Zum Wehrdienst haben inzwischen alle Parteien Position bezogen - das Stiefkind der Wehrpflicht aber, der Zivildienst, wird bislang noch stiefmütterlich behandelt. Ausformulierte Konzepte liegen erst von zwei Parteien auf dem Tisch: Den Grünen und der FDP. Dass sich ausgerechnet diese beiden mit der Zukunft der Zivis befasst haben, ist kein Zufall. Sowohl die Alternativ-Partei als auch die Liberalen setzen sich politisch für Abschaffung oder doch deutliche Reduzierung der Wehrpflicht ein. Die beiden Großen SPD und CDU hingegen sehen weniger dringenden Handlungsbedarf bei den Rekruten - nur folgerichtig, dass sie sich über die zivilen Helfer den Kopf nicht vorrangig zerbrechen.

Sowohl FDP als auch Grüne gehen davon aus, dass die Zivildienstleistenden grundsätzlich zu ersetzen wären - teils durch Profis, teils durch Freiwillige. Beide Parteien sehen aber das Problem des Übergangs vom einen System zum anderen. Würde der Zivildienst abgeschafft, gingen ja von einem Tag auf den anderen sämtliche heute rund 130 000 Zivis nach Hause. Darum plädieren beide Parteien für längere Übergangsfristen, in denen der Zivildienst noch besteht, aber sein Ersatz schon vorbereitet wird.

Chancen für den Arbeitsmarkt

Zweiter Knackpunkt ist das Geld. Derzeit zahlt der Bund zwischen 2,5 und 2,7 Milliarden Mark im Jahr für den Zivildienst. Die Grünen rechnen in ihrem Konzept, unlängst von der Bundestagsfraktion beschlossen und vom Abgeordneten Christian Simmert vorgestellt, vor, dass der Dienst in Altenheimen, Sozialstationen, Vogelwarten und anderen Einrichtungen etwa neun Milliarden Mark kostet. Hinzu komme das Geld, das der Staat an Arbeitslose gebe, die ohne Zivildienst die Chance auf einen Arbeitsplatz im caritativen Bereich hätten. An den Grundsatz, der Zivildienst sei arbeitsmarktneutral, glaubt der kleine Koalitionspartner nämlich nicht.

Die FDP hat gleichfalls Zweifel, ist aber andererseits skeptisch, ob wirklich größere Zahlen Arbeitsloser dafür geeignet wären, als Ersatz für den Ersatzdienst anzutreten. Die Abgeordnete Ina Lenke schlägt in ihrem Grundsatzpapier ebenfalls vor, frei werdende Haushaltsmittel für den Umbau zu nutzen - allerdings nur übergangsweise für drei Jahre.

Simmert wie Lenke sehen, dass es nicht reichen wird, den Ersatzdienst zu professionalisieren. Für eine allgemeine Dienstpflicht sind ihre Parteien aber nicht zu haben. Sie setzen daher auf Freiwillige, besonders in den zeitaufwändigen Bereichen wie der Behinderten-Betreuung. Das ist auch eine Kostenfrage: Die Abschaffung des Zivildiensts dürfe auf keinen Fall diese Dienste für Betroffene unbezahlbar machen, fordern die Grünen. Wie auch die FDP - und übrigens der Vorsitzende der Wehrstruktur-Kommission, Altbundespräsident von Weizsäcker - verweisen sie darauf, dass der Andrang zum freiwilligen sozialen Jahr größer ist als die Zahl der Plätze. Auch hier soll der Bund mit freiwerdenden Zivi-Geldern für Anschub sorgen.

Die FDP-Zivildienstexpertin fordert außerdem neue Formen freiwilliger Dienste: Angefangen von Teilzeit- oder Gleitzeit-Angeboten bis zur Anrechnung von erworbenen Teil-Qualifikationen bei der Ausbildung. Simmert wünscht sich zudem breite gesellschaftliche Anerkennung für Freiwillige. Ginge es nach ihm, würde die Frage: "Wo haben Sie freiwillig Dienst getan?" zum normalen Bestandteil jedes Einstellungsgesprächs.

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