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Stadtplanung darf arme Menschen nicht übergehen: Kelvin Fugaban sieht die Lebensgrundlage von Fischern auf den Philippinen durch ein Deichbauprojekt bedroht. Elisabeth Mekougou Obama aus Kamerun und Jean-Baptiste Bontsebe kämpfen gegen Zwangsräumungen in Kameruns Hafenstadt Douala.

© Susanne Ehlerding

Habitat-Konferenz zur Zukunft der Städte: Klimaschutz in Städten als Vorwand für Vertreibung

Küstenstädte sind im Klimawandel besonders gefährdet. In Zonen, die von Überflutungen bedroht sind, leben oft die ganz Armen. Von den Küstenschutzmaßnahmen profitieren sie meist nicht.

Die Bulldozer kamen mitten in der Nacht. Soldaten umstellten das Dorf am Rande von Kameruns Hauptstadt Douala. Nichts durften die Bewohner mitnehmen. Und das Schlimmste: Der Friedhof wurde zerstört, die Gebeine der Ahnen achtlos im nahen Wald verscharrt. Tausende Menschen sind nach wie vor obdachlos. Auf dem Gebiet des Dorfs, das angeblich von Hochwasser bedroht war, ist bis heute nichts passiert. Es heißt, es soll für eine Industrieansiedlung vermarktet werden.

Was Jean-Baptiste Bontsebe und Elisabeth Mekougou Obama aus ihrer Heimat berichten, ist kein Einzelfall, sagt Almuth Schauber von Misereor. Die Hilfsorganisation ist nach eigenen Angaben die einzige in Deutschland, die städtische Arme dabei unterstützt, ihre Wohn- und Bleiberechte zu verwirklichen. „Schon heute leben 30 Prozent der Weltbevölkerung in informellen Siedlungen. Häufig befinden sie sich in Gefahrenzonen, an See- und Flussufern, in Mündungsgebieten oder Abhängen“, sagt Schauber.

Bundesregierung soll sich für den Schutz der Armen einsetzen

Viele Städte würden sich schon heute gegen die Folgen des Klimawandels schützen. Die Bewohner der betroffenen Gebiete aber würden nicht als schutzbedürftig anerkannt. „Oft sind die Planungen verbunden mit Maßnahmen der Stadterneuerung wie Malls, Flaniermeilen, Grünflächen, kleinen Yachthäfen – anstatt den informellen Siedlern zum ersten Mal in ihrem Leben Zugang zu legalem Wohnraum zu gewähren“, kritisiert Schauber.

Ähnlich läuft es am Laguna-See in der Nähe von Manila, berichtet Kelvin Fugaban. Nahe am Ufer ist ein 50 Kilometer langer Deich mit einer mautpflichtigen Straße geplant, der Manila im Norden mit der Metropolregion im Süden verbinden soll. Er würde das dahinter liegende Gebiet vor Überflutungen schützen, wenn die Zuflüsse des Sees anschwellen. Der andere Teil der Küstenlinie, der nicht hinter dem Deich liegt, wäre allerdings um so mehr betroffen, befürchten Gegner des Projekts. Außerdem hätten die Fischer, die hinter dem Damm wohnen, keinen Zugang mehr zum See. „Sie würden ihre Lebensgrundlage verlieren“, sagt Fugaban.

Vorerst ist das Projekt nun gescheitert, weil sich kein Bauträger fand, der beim Bieterverfahren der Regierung mitmachen wollte. Ad acta gelegt sei das Projekt deshalb aber nicht, sagt Kelvin Fubaban.

Misereor fordert nun von der Bundesregierung, dass sie sich im Rahmen der Habitat-Verhandlungen für den Schutz der städtischen Armen einsetzt. Im Fall des Laguna-Sees hätte die Regierung sogar einen direkten Hebel: Als Anteilseigner der Asiatischen Entwicklungsbank, die das Projekt mitfinanzieren will, entsendet Deutschland einen Vertreter in den Vorstand.

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