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Hamburg: Beust entlässt Justizsenator

Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust hat seinen Justizsenator Roger Kusch (Bild) entlassen. Er zog damit die Konsequenzen aus der unrechtmäßigen Weitergabe von vertraulichen Akten aus einem Untersuchungsausschuss.

Hamburg - Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust hat seinen umstrittenen Justizsenator Roger Kusch (beide CDU) nach mehrfachen Differenzen entlassen. Beust zog damit die Konsequenzen aus der so genannten Protokollaffäre, bei der vertrauliche Akten aus einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss weitergegeben wurden. Nachfolger Kuschs soll Justizstaatsrat Carsten-Ludwig Lüdemann werden. Die Opposition im Hamburger Senat nannte die Entlassung «längst überfällig». Die Affäre sei damit aber noch nicht ausgestanden.

Noch am Sonntag hatte Kusch den von Beust erwünschten Rücktritt abgelehnt. Beust sagte: «Der Grund der Entlassung liegt in einer Kette von Ereignissen vorher. Die Protokollaffäre war nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.» Vertrauliche Akten aus dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu Missständen in einem Heim für straffällige Jugendliche waren in der Justiz- und Sozialbehörde Hamburgs aufgetaucht. Der Justizsenator hatte ein Protokoll, das er versehentlich erhalten hatte, seinem Rechtsanwalt übergeben. Bei einer Befragung im Untersuchungsausschuss hatte Kusch die Aussage zu Senats-Interna verweigert, gegen ihn wurde daraufhin vor dem Amtsgericht Beugehaft beantragt.

In den vergangenen Monaten hatte Kusch Beust mehrfach in Verlegenheit gebracht. Bundesweit lösten seine Forderung nach Straffreiheit für aktive Sterbehilfe und ein Vorstoß zur Abschaffung des Jugendstrafrechts Ablehnung und Empörung aus. Beust hielt lange an seinem Studienfreund fest. Über die Entlassung habe er lange nachgedacht, sagte er am Montag. «Für mich selber bin ich jetzt damit im Klaren und Reinen.»

Die CDU-Fraktion, die mit 63 Abgeordneten die absolute Mehrheit im Landesparlament stellt, signalisierte Zustimmung für den Kusch- Nachfolger Lüdemann.

Aus Sicht der Hamburger Sozialdemokraten ist die Protokoll-Affäre mit Kuschs Ausscheiden nicht beendet. «Bürgermeister von Beust ist offensichtlich nicht in der Lage, diese Affäre aufzuklären», sagte SPD-Fraktionschef Michael Neumann. «Je mehr er sagt, desto mehr Fragen stellen sich.» Beust sei inzwischen ein «Getriebener der Entwicklung».

Der Hamburger FDP-Vorsitzende Leif Schrader sagte: «Mit einer schleichenden Erosion des CDU-Senats muss gerechnet werden.» Er spielte damit auf die politische Zukunft von Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) an, die nach Ansicht der Opposition ebenfalls in die Protokoll- Affäre verstrickt ist.

«Es war höchste Zeit», hieß es beim Hamburger DGB zur Entlassung des Senators. «Kusch ist ein unberechenbarer Kamikaze- Politiker, der sich schon lange - sogar in seiner eigenen Fraktion - ins Abseits gestellt hat», sagte DGB-Sprecherin Claudia Falk. (tso/dpa)

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