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Explodierende Kosten haben dem Ruf der Elbphilharmonie und der Stadt erheblich geschadet. Nun steht endlich der Eröffnungstermin.

© Bodo Marks/dpa

Hamburg vor der Wahl: Hanseatische Tugenden des Olaf Scholz

Die Hamburger lieben an ihm seine Verlässlichkeit: Bürgermeister Olaf Scholz hat seine Versprechen stets gehalten und etwaige Untiefen souverän umschifft. Die Wähler werden es ihm am Sonntag danken.

Bestellt – geliefert, versprochen – gehalten: Darauf basiert der Handel in Kaufmannskreisen. Das sind seit Mitte des zwölften Jahrhunderts ungeschriebene Gesetze von Verlässlichkeit für eine Hansestadt wie Hamburg. Dieser gewissermaßen Wertekanon ist bis heute Gradmesser in der Elbmetropole. Stimmt er, dann herrscht Zufriedenheit. Und er gilt aktuell auch für die Befindlichkeit der Hamburger unmittelbar vor der Bürgerschaftswahl am Sonntag, soll heißen: Es gibt keine Wechselstimmung!

Nur wenig Unruhe in den vergangenen vier Jahren

Erst bei Krisen, Missständen, Affären, Skandalen und Fettnäpfchen wird der Hanseat einem „Weiter so“ eine Absage erteilen. Die abgelaufene vierjährige Legislaturperiode hat aber fast nichts aufkommen lassen, was nachhaltig flächendeckenden Politschaden angerichtet hat. Und wenn sich doch Unruhe auftat, hat der allein regierende SPD-Senat um Bürgermeister Olaf Scholz sich meist strategisch geschickt verhalten, etwa als eine Kindeswohldebatte aufkeimte und mit dem Versprechen nach mehr Personal reagiert wurde. Oder als Erzieherinnen und Erzieher zusammen mit Eltern mit einem Volksbegehren wegen miserablen Kita-Qualitätsstandards drohten. Die SPD lenkte ein und unterzeichnete mit den Protestierenden eine Absichtserklärung zur Verbesserung des Status Quo für die nächsten Regierungsjahre. Auch Hochschulproteste wurden mit langjährigen Garantieverträgen an der kurzen Leine gehalten. Ebenso wurde das seit 25 Jahren besetzte Autonomenzentrum Rote Flora im vergangenen Herbst von einem unberechenbaren Investor, der sich mit den Besetzern überworfen hatte, zurückgekauft.

Solidität als oberste Maxime

Überhaupt ist beim Thema Innere Sicherheit ein Blick auf das Sensibilitätsbarometer der Hanseaten Regierungspflicht. Immerhin hat die jetzt so starke SPD 2001 auf diesem Terrain bei der Hamburg-Wahl ihre Macht an CDU, FDP und Schill-Partei verloren und erst 2011 mit dem jetzigen Bürgermeister Scholz zurückgewonnen. Die ausgewiesenen Gefahrengebiete Anfang des vergangenen Jahres waren für paar Wochen eine offene Flanke für Scholz & Co., heute spricht in der Stadt niemand mehr davon.

Für den geschäftstüchtigen Hamburger zählen allgemein Bilanzen, Zahlen, Verlässlichkeit und Vertrauen. Stolz verkündete Olaf Scholz in der letzten Bürgerschaftssitzung vor der Wahl: „Wir Sozis können mit Geld umgehen“, nachdem bekannt wurde, dass im vergangenen Haushaltsjahr 420 Millionen Euro Überschuss erwirtschaftet wurden. Vor vier Jahren versprach Scholz eine Haushaltspolitik à la Bill Clinton: „Pay as you go“. Solidität als oberste Maxime.

Olaf Scholz hat die Hamburger auf seiner Seite.
Olaf Scholz hat die Hamburger auf seiner Seite.

© Christian Charisius/dpa

Die über viele Jahre explodierenden Baukosten der Elbphilharmonie hat die SPD auf 789 Millionen Euro deckeln und nunmehr sogar einen Eröffnungstermin Anfang 2017 benennen können – und plötzlich ist das gigantische Kulturbauwerk mit weltmännischem Anstrich wieder mehr Stolz als Aufreger. Es gilt, das Image vom Tor zur Welt mit Inhalt zu füllen, damit die zuletzt boomenden Tourismusströme nicht versiegen. Da kommt die angestrebte Bewerbung für Olympia 2024 gerade recht. Strahlkraft sorgt für international beachteten Flair und Charme. 

Augenmerk auf den Hafen

Neben dem Know-how fürs Wirtschaften auch noch eine soziale Handschrift zu platzieren, das sorgt für noch mehr Wählerzuspruch. Die SPD hat vier Jahre in Alleinverantwortung die Kita- und Studiengebühren aufgehoben und den stiefmütterlich behandelten Wohnungsbau angekurbelt. Für die nächste Wahlperiode verspricht Scholz weniger. Er weiß, dass ihm bis jetzt auch die Konjunkturdaten in die Hände gespielt haben. Er ist Realist, wie er selbst sagt, und damit vorsichtiger. Besonderes Augenmerk genießt der Hafen. Geht es der dortigen maritimen Wirtschaft gut, geht es auch der Stadt gut. Momentan liefert er gute Zahlen, was der SPD sicher nicht schadet.

Gängige Themenfelder wie Energie, Schule und Umweltschutz fehlen im Wahlkampf. Dass aber ausgerechnet der 260 Millionen Euro teure Bau von Busspuren und -haltebuchten zum heiß diskutierten Parteienstreit vor der Wahl wird, haben die Sozialdemokraten offenbar unterschätzt. Vielen von dazugehörigen oder bevorstehenden Baustellen betroffenen Anwohnern erschließt sich der Nutzen einer Busbeschleunigung und Erweiterung der Buskapazität nicht. Vor allem auch dann nicht, wenn planerische Mängel und Versäumnisse zutage treten.

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