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Hamburger CDU: Tiefschläge in Serie

Ole von Beusts moderne Großstadt-CDU steht intern in der Kritik. Jetzt trat ihr Parteichef zurück.

In der CDU wurde lange neidisch auf Hamburg geschaut, wie der Erste Bürgermeister Ole von Beust scheinbar mühelos Deutschlands erste schwarz-grüne Koalition durch die Regierungszeit steuert. Doch zur Halbzeit der Legislaturperiode sieht sich die hanseatische Union im Sinkflug: Nichts manifestiert dies deutlicher als der Rücktritt von Hamburgs CDU- Chef Michael Freytag, der auch sein Amt als Finanzsenator räumt.

Der von Beust gepflegte Kurs einer großstädtischen, modern geprägten CDU wird in den eigenen Reihen plötzlich infrage gestellt. Im Vorjahr büßte die Union insgesamt 334 Mitglieder ein, während die Konkurrenzparteien in der Elbmetropole ihre Anhängerzahl vergrößerten. Und auch die jüngste Infratest-dimap-Umfrage lässt bei Beust und Co. die Alarmglocken schrillen: Gegenüber der letzten Bürgerschaftswahl hat man 11,6 Prozent eingebüßt und liegt nur noch bei 31 Prozent – gleichauf mit der SPD. Auch wenn die Grün-Alternative Liste (GAL) ihre Sympathien auf 16 Prozent hochschraubt, würde dies zurzeit für eine schwarz-grüne Mehrheit nicht mehr reichen.

Die CDU-Krise ist an der progressiven Schulpolitik mit dem Ziel einer sechsjährigen Primarschule festzumachen, die im konservativen Lager nicht gutgeheißen und im Sommer zu einem Volksentscheid führen wird – sie ist aber auch durch Fehltritte des eigenen Spitzenpersonals hausgemacht. In einer Umfrage unter deutschen Hochschulprofessoren hat Hamburgs Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach bundesweit unter den Amtskollegen die „rote Laterne“ eingeheimst. Heftig umstritten war ihr Vorstoß, statt die Universität zu sanieren, einen Umzug in den Hafen zu favorisieren. Dafür wurde sie zuletzt aus der Jungen Union getadelt. Sozialsenator Dietrich Wersich wird seitens der Opposition „Vetternwirtschaft“ vorgehalten: Er habe wissentlich nichts unternommen, als Parteifreund Thorsten Kuhlmann billigen, sanierungsbedürftigen Wohnraum erwarb und diesen gegen überteuerte Mietzahlungen von der Arge an Hartz-IV-Empfänger vermietete. Dazu passt der Rücktritt von Bürgerschaftspräsident Berndt Röder, der über behördliche Beziehungen in seiner kleinen Wohnstraße den Winterdienst anforderte, während öffentliche Wege und Plätze noch Eispanzer zierten.

Jetzt hat Freytag die Reißleine gezogen und strebt einen Posten in der Wirtschaft an. Er war als Aufsichtsratsmitglied bei der gemeinsam mit Schleswig-Holstein betriebenen HSH Nordbank in die Kritik geraten, weil er allem Anschein nach bereits vor der Bürgerschaftswahl im Februar 2008 von der schwierigen Lage der Landesbank wusste, aber lange noch davon sprach, dass die Bank im Kern gesund sei. Er begründet seinen Rücktritt damit, die Finanzkrise, der Beinahe-Kollaps der Containerreederei Hapag Lloyd und die Geschehnisse um die HSH Nordbank hätten ihn zuletzt „durchs Feuer“ gehen lassen. Seine guten Chancen, das Erbe des Bürgermeisters anzutreten, sanken zuletzt auf null.

Als neuer „Kronprinz“ der Partei gilt nun Fraktionschef Frank Schira, der zum kommissarischen Landeschef ernannt wurde. Innensenator Christoph Ahlhaus, der als „Hardliner“ eher einem urbanen Roland Koch gleicht, werden ebenfalls „höhere Ambitionen“ nachgesagt.

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