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Ein Metallschild mit einem Hahn ist am an einem Haus vor der aus DDR-Zeiten stammenden Werbung für "Broiler" zu sehen.

© Waltraud Grubitzsch/dpa

Harald Martenstein: Wenn das Brathähnchen wieder Broiler heißt

Schwierige Zeiten für die Sprache: Nicht jeder sollte alles sagen. Manchmal hängt es von der Religion ab. Schöne alte Begriffe aber sollten erhalten bleiben. Eine Glosse.

Eine Glosse von Harald Martenstein

Verwirrende Zeiten. Ausgerechnet Heinz Buschkowsky, der Helmut Schmidt von Neukölln, soll aus der SPD ausgeschlossen werden. Die „AG Migration“ hat es einstimmig beantragt. Sie werfen ihm vor, er sei rechts, also, im Grunde ein Faschist oder auch Sozialfaschist. Sein Sündenkatalog war in dieser Zeitung zu lesen. Unter anderem hat Buschkowsky sich zu der Aussage verstiegen, der Islam habe ein „absurdes Frauenbild“.

Wenn ein Typ vor fünf Jahren gesagt hätte „meine Frau hat mir zu gehorchen und was die anzieht, entscheide ich“, hätte fast jeder geantwortet: „Alter, du hast einen Schuss in der Socke.“ Jetzt muss man, damit man bei der „AG Migration“ nicht als Faschist gilt, erst mal fragen, was für eine Religion er hat. Wenn er Muslim ist, darf er offenbar unwidersprochen jeden Schwachsinn sagen. Wenn er Atheist oder Christ ist, muss er ein bisschen vernünftig sein. Bei einem Hindu weiß ich nicht, was der darf. Total verrückt ist, dass Hitler ein ähnliches Frauenbild hatte wie der Islam! Wenn Eva Braun erklärt hätte „Adolf, ich will einen Job ausüben, ich will die sexuelle Selbstbestimmung und trage keine Dirndl mehr“, hätte Hitler den gleichen Tobsuchtsanfall gekriegt wie Ajatollah Khomeini beim Anblick eines Bikinis. Also, bitte notieren: Hitler und Eva Braun waren multikulti. Alice Schwarzer ist rechts.

Kürzlich haben auch 290 sogenannte „Kulturschaffende“ den Rücktritt von Horst Seehofer gefordert: „Wir sind entsetzt!“ Seehofers Tage sind eh gezählt, aber ein Innenminister, der zurücktritt, weil 290 Leute „entsetzt“ sind, wäre dümmer, als die Polizei erlaubt. Dass nicht alle von ihm begeistert sind, weiß sowieso jeder Politiker. Und wieso das Entsetzen von 290 Kulturschaffenden wichtiger sein soll als das Entsetzen von 290 einbeinigen Surflehrern, bedarf der Erklärung. Danach wurde in etlichen Kommentaren darauf hingewiesen, dass „Kulturschaffende“ ein Wort ist, welches von den Nazis populär gemacht und dann von der DDR dankend weiterbenutzt wurde. „Kulturschaffende“ klingt nach Marschkolonne, nach „Arbeiter der Stirn“. Der Kulturschaffende ist ein Kunsthandwerker des Geistes. Warum wollten sie partout nicht „290 Künstlerinnen und Künstler“ sein? Diese Bezeichnung ist doch nicht geschützt. Da muss man keine Angst haben, auch wenn die Kunst nicht so dolle ist.

Ich wäre begeistert, wenn man ein Brathähnchen wieder „Broiler“ nennen würde und einen Hamburger „Grilletta“, das sind schöne Begriffe, aber statt dessen steigt der „Kulturschaffende“ aus Margot Honeckers Gruft, und Angela Merkel spricht von „Zusammenrottungen“, DDR-Deutsch für „Demonstration“. Wenn der „Bismarckhering“ wieder „Delikatesshering“ heißt, ist der Prozess abgeschlossen.

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