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Rafiq Hariri

© dpa

Hariri-Mord: Mühsame Spurensuche

Vier Jahre nach dem Mord am libanesischen Ex-Premier Rafik Hariri konstituiert sich ein internationales Tribunal in Den Haag. An dem Streit um das Tribunal wäre der Libanon fast zerbrochen.

Der Anschlag erschütterte den gesamten Nahen Osten. Er hat die Libanesen tief entzweit und eine jahrelange politische Blockade von Parlament und Regierung zur Folge gehabt. Nun soll der Anschlag auf den früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafiq Hariri, der am 14. Februar 2005 zusammen mit weiteren 22 Menschen durch einen Selbstmordanschlag den Tod fand, strafrechtlich aufgearbeitet werden. Am Sonntag tritt in einem Vorort von Den Haag ein internationales Sondertribunal zum Fall Hariri zusammen.

Dies ist sicher ein „Meilenstein“ in der Geschichte des Libanons, wie die Tageszeitung „The Daily Star“ am Sonnabend schrieb. Denn an dem Streit um das Tribunal wäre der Libanon fast zerbrochen. Die schiitische Hisbollah, die mit Syrien verbündet ist, hatte sich mit Händen und Füßen gegen die Einsetzung eines internationalen Tribunals gewehrt. Sie fürchtet ein politisches Tribunal angesichts der Tatsache, dass viele Libanesen Syrien für den Anschlag verantwortlich machen. Der erste UN-Ermittler, der Berliner Oberstaatsanwalt Detlef Mehlis, hatte die Vermutung geäußert, dass es Verbindungen zum syrischen Geheimdienst gebe. Beweise konnte er nicht vorlegen, die Komplexität des Verbrechens sprach seiner Ansicht nach dafür. Daraufhin wurden vier prosyrische libanesische Generäle festgenommen, die bis heute ohne Anklage in Haft sitzen. Die Hisbollah und ihre Alliierten hatten mit Massendemonstrationen und monatelanger Belagerung des Regierungssitzes versucht, Ministerpräsident Fuad Seniora, der von der gegnerischen Bewegung des 14. März gestellt wird, in die Knie zu zwingen. Und zu erreichen, dass der Plan eines internationalen Tribunals fallen gelassen wird. Zwar arbeiteten weder Parlament noch Regierung, aber das Kabinett wandte sich an die Vereinten Nationen, die wiederum ein Tribunal eröffnen.

„Es wird bald Gerechtigkeit geben“, kündigte Saad Hariri am vierten Jahrestag der Ermordung seines Vaters vor hunderttausend Menschen in Beirut an. Auch Ministerpräsident Seniora hofft, dass die Verhandlungen dafür sorgen werden, dass „die Straflosigkeit im Libanon ein Ende finden wird“. Politische Morde sind im Libanon an der Tagesordnung, Opfer sind meist syrienkritische Politiker und Journalisten. Aufgeklärt wurde bisher keine Tat.

Doch bisher ist noch nicht einmal sicher, wann die Staatsanwaltschaft neue Ermittlungsergebnisse vorlegt oder erste Anklagen erhoben werden. Die Nachfolger von Detlef Mehlis haben im Stillen gearbeitet und bisher keine Verdächtigen genannt. In einem Interview mit der prosyrischen Zeitung „Al Achbar“ hat der jetzige UN-Chefermittler, der Kanadier David Bellemare, anklingen lassen, dass die Verdächtigungen von Mehlis in Richtung Syrien mehr auf „Eindrücken“ denn auf „Gewissheiten“ basierten. Bei den bisher vier Hauptverdächtigen handelt es sich um libanesische Generäle, darunter die früheren Chefs der Präsidentengarde und des Militärgeheimdienstes. Den Generälen werden enge Verbindungen zu Syrien nachgesagt. Drei weitere Verdächtige waren am Mittwoch aus der Haft im Libanon entlassen worden. Im Laufe der Ermittlungen hatte ein „Schlüsselzeuge“ seine Aussagen zurückgenommen, ein Verdächtiger war untergetaucht, und der syrische Innenminister Ghazi Kanaan, der von 1980 bis 2002 die syrischen Operationen im Libanon leitet, beging nach offiziellen Angaben Selbstmord – drei Wochen nachdem er von Mehlis befragt worden war. In Beirut wird vermutet, dass er ermordet wurde.

Im Libanon gibt es Befürchtungen, dass der Start des Verfahrens für neuen Aufruhr im Land sorgen könnte. Das Sondertribunal umfasst elf Richter, darunter einige Libanesen sowie 300 Mitarbeiter. Grundlage ist das libanesische Strafgesetzbuch, insbesondere dessen Bestimmungen zur Verfolgung terroristischer Verbrechen. Das UN-Mandat ist auf drei Jahre erteilt, aber der juristische Verwalter Robin Vincent hält mindestens vier bis fünf Jahre für realistisch. Die niederländische Regierung entschied vorsorglich, die Miete für das Verhandlungsgebäude, eine abhörsichere Sporthalle ehemaliger Geheimdienstler, bis Ende 2013 zu zahlen.

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