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Politik: Harte Herrscherinnen und liebe First Ladys

Es ist nicht zu leugnen: In der russischen Geschichte haben weibliche Herrscherpersönlichkeiten eine prominente Rolle gespielt. Insbesondere im 18.

Es ist nicht zu leugnen: In der russischen Geschichte haben weibliche Herrscherpersönlichkeiten eine prominente Rolle gespielt. Insbesondere im 18. Jahrhundert, als Russland seinen unter Peter dem Großen begonnenen Aufstieg zur europäischen Großmacht mit fünf aufeinander folgenden Zarinnen fortsetzte. Darunter als prominenteste Katharina II., die aufgeklärt-despotisch von 1762 bis 1796 im "petrinischen Russland" herrschte.

Aber wer sich jetzt, wie im Klappentext versprochen, Einblicke in die "weibliche Seite der russischen Macht" erhofft, wird enttäuscht. Zwar gelingt es dem Publizisten Fedorowski mit erzählerischem Talent am Beispiel von Regentinnen und Zarengattinnen Grundzüge der russischen Geschichte und en passant Einblicke in die Kulturgeschichte zu geben. Aber es wird in keinem Fall deutlich, was denn das spezifisch Weibliche der Herrschaftsausübung war und ob es denn wirklich Unterschiede zum Regierungshandeln männlicher Kollegen gab.

Kaiserin der Perestroika

Dass es dem Buch eher um eine bisweilen nostalgisch verklärte Haus- und Hofgeschichte geht, zeigt das Beispiel der einfach zur "Kaiserin der Perestroika" erkorenen Raissa Gorbatschowa. So interessiert den Autor eher ihr Alltagsleben als "First Lady" und ihre Vorliebe für französische Modezaren als die politische Dimension ihres Handelns. Schließlich avanciert Gorbatschows Ehefrau im Herz-Schmerz-Duktus der Yellow-Press dadurch zur welthistorischen Persönlichkeit, dass sie angebliche weibliche Werte wie "Konsens, organisierte Diskussionen und unparteiische Entscheidungen" ihrem Gatten ins Ohr geflüstert habe.

Wenn man einmal von der platten Personengeschichte und den naiven Geschlechterklischees absieht, bietet das Buch einen im Es-war-einmal-Stil vorgetragenen Überblick über wichtige Frauen im Zentrum russischer Macht, historische Grundzüge und kulturgeschichtliche Bezüge.

Dabei spannt der Autor den dramaturgischen Bogen von den Frauen "Iwans des Schrecklichen" über die ab 1613 amtierenden Romanows bis in das 20. Jahrhundert: Alexandra Fedorowna, geborene Alice von Hessen-Darmstadt, die zusammen mit ihrer Familie von den Bolschewiki 1918 ermordet wurde.

Gerald Glaubitz

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