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Hartz-IV: Immer mehr Klagen gegen Jobcenter

Gegen Bescheide der Jobcenter wird immer häufiger geklagt. Die Bundesagentur für Arbeit begründet dies mit der Zusammenlegung zweier Gerichte. Die FDP spricht von Fehlern in der Gesetzgebung.

Die Klagewelle von Hartz-IV-Empfängern gegen Bescheide der Jobcenter nimmt kein Ende. Im ersten Halbjahr 2008 nahm die Zahl dieser Verfahren vor den Sozialgerichten um 36,2 Prozent auf 61.970 Fälle zu. Ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit (BA) bestätigte am Freitag diese in der "Frankfurter Rundschau" genannten Zahlen. In knapp der Hälfte der Fälle erzielen die Kläger wenigstens einen Teilerfolg, häufig auch ohne Urteil.

Im vergangenen Jahr gingen bei den Sozialgerichten insgesamt 99.200 Klagen ein. Für 2008 zeichnet sich mit voraussichtlich 120.000 Fällen seit dem Start der Arbeitsmarktreform im Jahr 2005 ein neuer Rekord ab. Das Bundesarbeitsministerium wollte die Entwicklung nicht kommentieren. Es werde aber "viel getan, um die Arbeit der Jobcenter zu verbessern", sagte eine Ministeriumssprecherin.

Bei der BA hieß es dazu, die Gesamtzahl der eingereichten Klagen liege nur etwa acht Prozent über jener vor Inkrafttreten der Hartz-IV-Reform. Vor 2005 hätten sich diese Prozesse aber auf Sozial- und Verwaltungsgerichte verteilt. Heute seien diese Verfahren allein bei den Sozialgerichten anhängig, was dort damit automatisch für Mehrbelastung sorge, sagte der BA-Sprecher. Als Prozessgründe nannte er sowohl fehlerhafte Bescheide der Jobcenter als auch falsche oder unvollständige Angaben der Betroffenen.

"Fehler in der Gesetzgebung schaffen Jobs für das Sozialgericht - nicht für Hartz-IV-Empfänger"

Am größten deutschen Sozialgericht in Berlin gingen 2007 genau 18.336 Klagen gegen Hartz-IV-Bescheide ein. Zur Halbzeit 2008 waren es bereits 10.525, sagte Sozialrichter Michael Kanert der dpa. Er wies darauf hin, dass das Gericht die Stellenzahl für die mit Hartz-IV-Klagen befassten Juristen um das Achtfache auf 46 aufgestockt habe. Der Streit drehe sich immer häufiger um die Frage des "angemessenen" Wohnraums. Dies zu definieren, habe die Politik bislang versäumt: "Eine Rechtsverordnung steht noch aus", bedauerte Kanert.

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP - Dirk Niebel - kritisierte, handwerkliche Fehler in der Gesetzgebung hätten zu unklaren Regelungen geführt, "die zeit- und kostenaufwendig bereinigt werden müssen". Dies sorge zwar bei den Sozialgerichten für gute Beschäftigung, nicht aber bei den Langzeitarbeitslosen. Der Vizevorsitzende der Fraktion Die Linke - Klaus Ernst - sieht in der Klagewelle gegen Hartz IV den Beweis für ein "schlechtes und ein schlecht gemachtes Gesetz". (fg/dpa)

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