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Hartz IV: Reform der Reform

Hartz IV muss überarbeitet werden, darin sind sich mittlerweile alle Parteien einig, von der Union bis zur SPD. Welche Vorschläge und Forderungen es gibt.

Berlin - Hartz IV muss überarbeitet werden, darin sind sich mittlerweile alle Parteien einig, von der Union bis zur SPD. Unterschiedlich ist, wie stark die politischen Akteure von der umstrittenen Arbeitsmarktreform abrücken. Während der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) von einer „Generalrevision“ oder einer „Grundrevision“ spricht, weist seine Parteikollegin Ursula von der Leyen darauf hin, dass sie keine „Totalveränderung“ wolle. In ihrer Amtszeit als Arbeitsministerin wolle sie aber das verbessern, was bei Hartz IV zu hastig umgesetzt worden sei, sagt von der Leyen. Einen Teil der Regelungen stellt die Politik selbst auf den Prüfstand, einige Änderungen gibt aber auch das Bundesverfassungsgericht vor.

Regelsätze: Die Bundesregierung muss sich darauf einstellen, die Hartz-IV-Leistungen für Kinder zu überarbeiten. Dass die Regelsätze für Kinder wahrscheinlich neu berechnet werden müssen, hatten die Karlsruher Verfassungsrichter bereits im vergangenen Herbst in der mündlichen Anhörung erkennen lassen. Mit einem Urteil wird in den nächsten Wochen gerechnet, womöglich noch im Februar. Bisher leitet sich der Regelsatz prozentual vom Bedarf der Erwachsenen ab. Kritiker hatten bemängelt, dass dies bei Weitem nicht das abbilde, was Kinder wirklich benötigten. Als wahrscheinlich gilt, dass die Bundesregierung schnell auf das Urteil reagieren wird und langzeitarbeitslosen Familien verspricht, mehr Geld für ihre Kinder zu zahlen. Darauf wird auch NRW-Ministerpräsident Rüttgers drängen, der im Mai bei den Landtagswahlen erneut eine schwarz-gelbe Mehrheit in seinem Bundesland erreichen will.

Hinzuverdienst: Im Koalitionsvertrag haben Union und FDP vereinbart, dass Arbeitslosengeld-II-Empfänger künftig mehr Geld behalten dürfen, wenn sie einen Nebenjob annehmen. Arbeitsministerin von der Leyen kündigte an, sie wolle bis zum Sommer Vorschläge machen. Derzeit haben Hartz-IV-Empfänger einen Freibetrag von 100 Euro im Monat, der nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird, wenn sie etwa einen Minijob annehmen. Bis zu einem Verdienst von 800 Euro monatlich sind 20 Prozent anrechnungsfrei. Wie die Verdienstgrenzen verändert werden sollen, ist allerdings noch offen. Problematisch ist, dass durch eine Anhebung die Zahl der sogenannten Aufstocker steigen wird, also derjenigen, die ergänzend zu ihrem Niedriglohnjob Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben. Darauf hatte auch Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA), die schwarz-gelben Koalitionäre hingewiesen.

Jobcenter: Die Neuorganisation der Jobcenter, in denen Hartz-IV-Empfänger betreut werden, steht gezwungenermaßen auf der Agenda der Koalition. Bis Ende des Jahres muss die bisherige Mischverwaltung aus Arbeitsagenturen und Kommunen neu organisiert werden, da das Bundesverfassungsgericht diese für grundgesetzwidrig erklärt hatte. In der vergangenen Wahlperiode hatte bereits die große Koalition den Versuch unternommen, dieses Thema durch eine Verfassungsänderung abzuräumen – der Kompromiss zwischen dem damaligen SPD-Arbeitsminister und den Ländern scheiterte jedoch am Veto der Unionsbundestagsfraktion.

Bürgergeld: Die FDP will in dieser Legislaturperiode eines ihrer Wahlkampfthemen nicht in Vergessenheit geraten lassen: das „liberale Bürgergeld“, das das bisherige Hartz IV komplett ersetzen soll. Bereits in den Koalitionsverhandlungen hatte die Union deutlich gemacht, dass sie von den Plänen, die auch einen Umbau der Verwaltungen bedeuten würden, nichts hält. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Andreas Pinkwart, Autor des Bürgergeldkonzepts, will auf dem Bundesparteitag der FDP im April jedoch einen Vorschlag vorlegen, wie Hartz IV im Sinne eines Bürgergelds weiterentwickelt werden könne – Arbeit müsse sich wieder lohnen, fordert er.

Schonvermögen: Eine erste Korrektur hat die schwarz-gelbe Koalition bereits vorgenommen. Zum Jahresbeginn wurde das Schonvermögen für die private Altersvorsorge verdreifacht. Statt bislang 250 Euro pro Lebensjahr dürfen Langzeitarbeitslose 750 Euro pro Lebensjahr behalten – vorausgesetzt, das Geld ist ausschließlich für das Rentenalter angelegt. Eine Regelung, von der in der Praxis nicht allzu viele Personen profitieren werden, die aber zumindest psychologisch eine wichtige Bedeutung hat. Die Botschaft lautet: Wer privat fürs Alter vorsorgt, wird nicht bestraft, wenn er längere Zeit ohne Job ist.

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