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Hartz-IV-Urteil: Arbeit für Arbeit

Nach dem Hartz-IV-Urteil von Karlsruhe muss der Gesetzgeber die Hilfen für Arbeitslose neu organisieren. Die Kommunen könnten mehr Verantwortung bekommen.

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Berlin - Arbeitsminister Olaf Schulz (SPD) gab sich ganz sicher. Es werde, so sagte er am Donnerstag nach dem Verdikt des Bundesverfassungsgerichts gegen die gemeinsame Betreuung von Hartz-IV- Empfängern durch Bund und Kommunen, „keine neue Debatte über die Kommunalisierung der Arbeitsvermittlung geben“. Von wegen. Einen Tag später schon ist sie in aller Heftigkeit da, die Debatte darüber, ob Langzeitarbeitslose nicht doch besser bei kommunalen Trägern aufgehoben wären als bei der eher schwerfälligen Bundesagentur für Arbeit (BA) .

In der Union hatten sie schon immer so argumentiert, und als Erster wagte sich Karl-Josef Laumann (CDU) aus der Deckung. „Mit zentralen Zuständigkeiten kommen wir nicht weiter“, sagte Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister der „Stuttgarter Zeitung“. Karlsruhe habe klar bestätigt, dass die Länder den Kommunen die Jobcenter-Aufgaben übertragen könnten. Wenn man wieder getrennte Organisationen schaffe, wie Scholz dies vorhabe, stelle sich die Frage, welchen Sinn die ganze Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe gehabt habe. Im Übrigen hätten die 69 Optionskommunen bewiesen, dass auch kommunale Arbeitsvermittlung funktioniere.

Vor Ort wird dies bestätigt. Im Landkreis Spree-Neiße etwa, wo das Optionsmodell seit 2005 praktiziert wird, ist Sozialdezernent Hermann Kostrewa des Lobes voll: „Hier ist das, was das Bundesverfassungsgericht fordert – die Trägerschaft und Verantwortung in einer Hand –, erfüllt“, sagt er. „ Die Kommune kümmert sich nicht nur um die Auszahlung der Leistungen, sondern vermittelt auch.“ In den meisten Optionskommunen habe man damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Nun müsse der Gesetzgeber die Voraussetzungen schaffen, damit das Optionsmodell über 2010 fortgesetzt und auch in anderen Kommunen angewendet werden könne. „Wen interessiert es noch, ob das Optionsmodell ein Vorschlag der CDU war?“, fragt der Sozialdezernent, der selber der SPD angehört: „Wichtig ist doch, was für die betroffenen Menschen dabei herauskommt.“

„Bei gesicherter Finanzierung“ könnten die Kommunen die Aufgabe alleine schultern, meint auch der Präsident des Landkreistages, Hans Jörg Duppré. Dabei müssten die Erfahrungen der BA bei der Vermittlung nicht verloren gehen: Man könne sich die entsprechenden Kompetenzen ja bei der BA „dazukaufen“, sagte Duppré der „Frankfurter Rundschau“.

Beim Deutschen Städte- und Gemeindebund warnt man vor „Selbstüberschätzung“. Und der Chef des Sachverständigenrats der Regierung, Bert Rürup, fordert genau das Gegenteil: Die Betreuung Langzeitarbeitsloser müsse komplett von der BA übernommen werden. Das Hauptziel der Grundsicherung bestehe schließlich „nicht in der Verwaltung der Hilfsbedürftigkeit, sondern in deren Verringerung und Beseitigung durch die Vermittlung in den Arbeitsmarkt“, sagte Rürup der „Lausitzer Rundschau“. Dies sei nun mal „Kernkompetenz“ der BA.

Ähnlich äußerte sich sein Ratskollege Wolfgang Franz. Kommunen hätten „ein rein finanzielles Interesse“ daran, auch Nichterwerbsfähige „in die Obhut der Arbeitsverwaltung zu geben“. Das Erwerbslosenforum Deutschland setzt ebenfalls auf den Bund. Die Erfahrung habe gezeigt: „Kommunen können und bringen es nicht“, sagte Sprecher Martin Behrsing.

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