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Politik: Hat Jung Vertrauen gebrochen?

Wiesbaden - Die SPD-Opposition in Hessen will Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) wegen eines angeblichen Vertrauensbruchs als Zeuge vor den Polizei-Untersuchungsausschuss des Landtags laden. Dieser untersucht Missstände im früheren Polizeiverwaltungsamt, heute Präsidium für Technik und Logistik der Polizei.

Wiesbaden - Die SPD-Opposition in Hessen will Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) wegen eines angeblichen Vertrauensbruchs als Zeuge vor den Polizei-Untersuchungsausschuss des Landtags laden. Dieser untersucht Missstände im früheren Polizeiverwaltungsamt, heute Präsidium für Technik und Logistik der Polizei. Ein Mitarbeiter dieses Amtes war wegen Unterschlagung, Vorteilsnahme und Betrug im vorigen Jahr verurteilt worden, weil er hunderttausende Euro in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte. Jung habe als Staatskanzleichef 1999 frühe Hinweise auf diese Missstände nicht nur ignoriert, sondern einen Informanten aus der Polizei namens W. zunächst abgeschöpft und anschließend fallen gelassen, so lautet der Vorwurf.

Im Polizeiverwaltungsamt galt W. als Querulant. Immer wieder hatte er sich beschwert, ob über die Zuweisung eines Arbeitszimmers oder über die Bevorzugung von Beamten und „Genossen“. Schon 1995 schrieb er deshalb an den damaligen Innenminister Gerhard Bökel (SPD), zwei Jahre später an Ministerpräsident Hans Eichel (SPD). Weil sich nichts tat, wandte er sich an die CDU-Opposition. Wiederholt informierte er einen CDU-Abgeordneten über angebliche Missstände in der hessischen Polizei. Bei einer Kontaktaufnahme machte der Abgeordnete angeblich einen Fehler: Er meldet sich mit vollem Namen. W. galt danach behördenintern als möglicher Informant der Opposition. Fortan redete W. nur noch mit dem CDU-Fraktionsgeschäftsführer Franz Josef Jung.

Nach dem Regierungswechsel wurde Jung Leiter der Staatskanzlei unter dem neuen Ministerpräsidenten Roland Koch. Wieder schickte W. ihm einen dicken Briefumschlag mit Vorwürfen gegen seine Vorgesetzten – persönlich und vertraulich. Doch Jung leitete das Paket auf dem Dienstweg an das Innenministerium. Für W. nahm das Unglück seinen Lauf. Das Ministerium bat den Chef des Polizeiverwaltungsamts um Stellungnahme. Der wies alle Vorwürfe zurück und veranlasste, dass W. fristlos gekündigt wurde. Verzweifelt wandte sich W. an seinen vermeintlichen Verbündeten Jung, doch es blieb bei der Kündigung.

Für SPD und CDU ist gleichermaßen brisant, dass der vermeintliche Querulant mit vielen seiner Vorwürfe Recht behielt. Er hatte schon früh darauf hingewiesen, dass im Polizeiverwaltungsamt Vergaberichtlinien nicht eingehalten wurden. Das hat inzwischen auch der Landesrechnungshof festgestellt.

Der heutige Verteidigungsminister hat laut W. die ihm zugesicherte Vertraulichkeit gebrochen. Ende 1999, bei der Verhandlung über einen möglichen Vergleich, hatte das Arbeitsgericht angedroht, Jung werde notfalls als Zeuge aussagen müssen. Sollte er dem Landesbediensteten W. Vertraulichkeit zugesagt haben, müsse das zu dessen Gunsten bewertet werden, befanden die Richter. Brisant die hausinterne Bewertung dieser Ankündigung: Der Prozessbeobachter der Polizei vermerkte, der Ausgang des Verfahrens nach einer Zeugenaussage von Minister Jung sei „nicht prognostizierbar“. So kam es vor Gericht zu einem für W. akzeptablen Vergleich. Die fristlose Kündigung wird zurückgenommen. W. schied zum Jahresende 1999 im gegenseitigen Einvernehmen aus.

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