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Annegret Kramp-Karrenbauer will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch an der Spitze der Regierung ablösen, die SPD will sie aber nicht wählen.

© Michael Kappeler/dpa

Hauptstadtlage: SPD-Führung schlägt vor Kramp-Karrenbauer die Tür zu

Ohne Not schließen die Sozialdemokraten mal wieder eine Option aus. Leichter wird das Regieren so nicht.

Von Robert Birnbaum

Zwei volle Jahrhunderte haben die Baumeister des Mittelalters gebraucht, um Notre Dame de Paris zu errichten. Ein fernes Abbild des Himmels wollten sie schaffen und einen Zufluchtsort vor den Geistern des Bösen. Deren steinerne Vettern bewachen seit über 800 Jahren die Türme und Strebepfeiler, und sie werden es weiter tun. Der Dachstuhl aus uraltem Eichenholz ist am Montag in der Flammenhölle verbrannt. Aber der Bau selbst und der Innenraum blieben weitgehend intakt. Selbst die gewaltige Glasrosette im Nordgiebel widerstand Hitze und Löschwasser.

Jeder will jetzt beim Wiederaufbau helfen: Milliardäre und einfache Gläubige, Wladimir Putin und die ungarische Kleinstadt Szeged, die sich den Parisern zu spätem Dank verpflichtet sieht für eine Hochwasserhilfe vor 140 Jahren. Auch der Bundespräsident bittet die Deutschen um Spenden. Für ein totes Bauwerk, fragen manche? Nein. Für die in Stein gemeißelte Hoffnung auf eine Welt, die wenigstens manchmal ihre Geister des Bösen bannt. Mehr zu der Brandkatastrophe in Paris finden Sie hier.

Das irdische Alltagsgeschäft ist dagegen natürlich profaner. Im politischen Berlin wabern seit Wochen Überlegungen und Gerüchte umher, dass die SPD – jedenfalls sofern der politische Preis stimmt – zu einem fliegenden Wechsel im Kanzleramt von Angela Merkel zu Annegret Kramp-Karrenbauer im Bundestag die Hand reichen könnte. Jetzt schlägt die SPD-Führung die Tür zu: Wir haben einen Vertrag mit Merkel, betonen Maßgebliche, mit sonst niemand. Das gehört an dieser Stelle mal festgehalten. Aber weil die verschiedenen Wahlen des Jahres ja erst noch vor uns liegen, sagen wir dazu: Schaun wir mal.

Böhmermann scheitert auf ganzer Linie

Ganz profan wird es, wenn berufsmäßige Narren vor Gericht ziehen. Ob die Einschaltquoten gerade bröckelten oder Jan Böhmermanns Humor generell bei ihm selbst endet: Der Kanzlerin verbieten zu lassen, dass sie ihr Schmähurteil („bewusst verletzend“) über sein Schmähgedicht auf Recep Tayyip Erdogan, das Angela Merkel längst öffentlich bereut hat, wiederholt, die zwei Worte aus den Archiven zu tilgen und sie der Kanzlerin überdies als unzulässige Vorverurteilung um die Ohren zu hauen, fand das Berliner Verwaltungsgericht so wie dieser Satz daherkommt: überspannt. Böhmermann unterlag auf ganzer Linie. Sein Anwalt erklärte hinterher, man habe jedenfalls durchgesetzt, dass Merkel jene Worte nicht noch mal sagt. Der Mann sollte Politiker werden. Die kommen nach Wahlniederlagen auch auf komische Ideen, was ein Sieg ist.

Die Frage, die dagegen das Verfassungsgericht gestern und heute verhandelt, gehört zu den schwersten im Leben – nämlich der Tod. 2015 hat der Bundestag nach eindringlicher Debatte Ärzte und Vereine unter Strafe gestellt, die Sterbehilfe leisten. Das war gut gemeint aus der Sorge heraus, dass Schwerstkranke zu leicht unter Druck geraten könnten, ihren Nächsten nicht zur Last zu fallen. Doch jetzt muss ein Mensch, der des Leidens müde ist, Umwege gehen und oft Verwandte um etwas bitten, das eigentlich zu viel verlangt ist. Das Recht auf Sterben abwägen gegen die Pflicht, einen Sterbewilligen vor sich selbst und vor falschen Ratgebern zu schützen – auch das oberste Gericht tut sich da schwer.

Die Hauptstadtlage von Maria Fiedler und ihrem Team ist Teil der Tagesspiegel-Morgenlage, dem Nachrichtenüberblick für Politik-Entscheider. Kostenfrei anmelden kann man sich hier.

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