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Bislang hat die Koalition wenig für die Haushaltskonsolidierung getan.

© dapd

Haushaltdebatte im Bundestag: Der Tag der Wahrheit steht uns noch bevor

Deutschland wird wohl weitere Milliardenhilfen an Griechenland bezahlen müssen, es droht ein Konjunktureinbruch. Wenn Schwarz- Gelb jetzt so tut, als sei der Bundeshaushalt auf sicherem Weg in die Null-Verschuldung, ist das vor allem eines: Volksverdummung.

Von Antje Sirleschtov

Die Summe aus eins und eins, das müssen alle Schüler zu Beginn ihrer Schulzeit lernen, ist zwei. Man kann über den Lösungsweg dahin eigentlich nicht streiten; denn am Ende steht immer das Ergebnis, und das ist eindeutig. Jedes Kind begreift das irgendwann. Und doch versuchen Erwachsene immer wieder, die Gesetzmäßigkeiten der Mathematik zu umgehen. Besonders oft tun das Politiker, und besonders gern tun sie das, wenn es um den Haushalt geht und ein Wahltag naht.
In knapp zehn Monaten ist Bundestagswahl. Wer an diesem Mittwoch der Debatte im Bundestag über den letzten Haushalt in dieser Legislaturperiode gelauscht hat, der findet schon mal genau das bestätigt: Die einen, die Regierenden, loben sich für kluge Politik und reden die Risiken klein. Die anderen, die von der Opposition, schimpfen über die Unehrlichkeit der Regierung. Und mittendrin bereitet sich das Land darauf vor, weitere Milliardenhilfen für Griechenland und damit den Zusammenhalt Europas bezahlen zu müssen, und wird zu allem Überfluss bedroht von einem Konjunktureinbruch. Der wird jeden betreffen, findet aber trotzdem in keiner Spalte dieses Bundeshaushaltes auch nur Erwähnung.

Ja, es stimmt wohl, was der Fraktionschef der SPD, Frank-Walter Steinmeier, sagt. Der Bundeshaushalt 2013 wird in den nächsten Tagen verabschiedet, aber er ist eigentlich schon Makulatur. Jeder spürt das, der mit offenen Augen durch die Welt geht und sich die bedrückende wirtschaftliche Lage in Südeuropa ansieht. Nachdem jetzt auch noch Frankreich, einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands, ins Straucheln gerät, stellt sich umso stärker die Frage: Warum sollten ausgerechnet die Deutschen noch länger wie auf einer Insel der Glückseligen mit niedriger Arbeitslosigkeit und vollen Haushaltskassen leben können?

Bisher hat Schwarz-Gelb Glück gehabt. Doch irgendwann kommt die Stunde der Wahrheit.

Dass die Regierung ein solches Szenarium beschwört, wäre vielleicht etwas viel verlangt. Union und FDP wollen wiedergewählt werden; da lobt man sich nach Kräften. Doch die Gesetzmäßigkeiten der Ökonomie wirken nun einmal. Ein wirtschaftlicher Abschwung wird Geld kosten, genauso wie ein Zinsschnitt, eine Aufstockung der Mittel aus dem europäischen Rettungsfonds EFSF oder womit auch immer die Europäer Griechenland weitere Milliardenhilfen beschaffen werden. Weshalb es an Volksverdummung grenzt, wenn Schwarz- Gelb jetzt so tut, als sei alles in Ordnung und der Bundeshaushalt auf sicherem Weg in die Null-Verschuldung. Zumal Angela Merkels Koalition weder große Anstrengungen bei der Konsolidierung des Staatshaushalts vollbracht noch gesellschaftliche Veränderungen erwirkt hat, die das Land für die Zukunft krisenfester machen würden. Dass die Staatsschulden auf dem Haushaltspapier sinken, hat vor allem einen Grund: Schwarz-Gelb hat Schwein gehabt.

Ob aber von SPD und Grünen mehr zu erwarten ist? Berappelt sich Merkels Herausforderer Peer Steinbrück in den nächsten Wochen nach seinem persönlichen Fehlstart als Kanzlerkandidat, wird er mehr als Visionen vom Sparen durch Steuererhöhungen liefern müssen. Auch in der Europapolitik steht der Tag der Wahrheit noch bevor. Zu beklagen, dass die Regierung sich nicht traut, der Bevölkerung zu sagen, dass die Griechenlandrettung teurer wird als einst gedacht, ist wohl wahr, aber nur das eine. Viel wichtiger ist, ob Steinbrücks SPD der Griechenhilfe im Bundestag wie bisher zustimmen wird – und wenn nicht, welche Alternative sie aufzeigt.

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