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Obama will das Haushaltsdefizit senken - um jeden Preis.

© dpa

Haushaltsdefizit in den USA: Der Präsident kämpft – mit aller Macht

Amerika steht wirtschaftlich am Abgrund: Können Demokraten und Republikaner ihren Haushaltsstreit nicht beilegen, treten automatische radikale Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen in Kraft. Obama zeigt sich kompromissbereit, doch in der Sache bleibt er hart. Es geht um die Neujustierung seiner Macht.

In der Politik kommt es oft auf Haltungsnoten an. Die Lage ist bekannt, die Rahmendaten sind unverändert, doch mit jedem Tag, der vergeht, steuert das Land auf einen Abgrund zu. Wer verliert zuerst die Nerven, wird nervös, gar panisch – und gibt am Ende nach? Es geht, zumal nach einer gerade beendeten Wahlschlacht, um die Neujustierung der Macht. Jede Geste verrät, ob der Chef auch wirklich Chef sein will.

In Amerika steht ein Wort über dem Abgrund. Es heißt „fiscal cliff“, „Haushaltsklippe“. Sollten sich der wiedergewählte Präsident Barack Obama und die oppositionellen Republikaner, die im Repräsentantenhaus die Mehrheit stellen, in ihrem Haushaltsstreit bis Jahresende nicht einigen, treten automatisch radikale Ausgabenkürzungen um fast 700 Milliarden Dollar sowie Steuererhöhungen in Kraft. Sie könnten die ohnehin lädierte US-Wirtschaft in die Rezession stürzen und die Zahl der Arbeitslosen weiter nach oben schnellen lassen.

Vor diesem Hintergrund hatte die erste Pressekonferenz Obamas nach seiner Wiederwahl – die erste überhaupt seit acht Monaten – eine Bedeutung, die über ihren nachrichtlichen Gehalt hinausging. Der Präsident kämpft, so die Botschaft. Zwar signalisierte Obama auch Kompromissbereitschaft, doch in der Sache blieb er hart. Um das Defizit zu senken, müsse der Staat mehr Geld einnehmen. Das gehe nur durch eine Erhöhung der Steuern für Reiche (Haushalte mit einem Jahreseinkommen von mehr als 250 000 Dollar). „Eine maßvolle Steuererhöhung für Reiche wird ihnen nicht das Rückgrat brechen“, sagte Obama. Eine Mehrheit der Amerikaner ist inzwischen dafür, aber für Republikaner sind Steuererhöhungen tabu. Das Duell der Prinzipien geht in die nächste Runde.

Doch in diesem Fall nützt dem Präsidenten die Drohung mit dem Abgrund. Denn sollte sich der republikanische Purismus in Bezug auf Steuererhöhungen durchsetzen und eine Einigung verhindern, würde das Prinzip auf den Kopf gestellt, weil die Steuern automatisch erhöht würden. Auch für die Mittelschicht. Obamas Rhetorik ist folglich bestechend. Nicht nur indirekt stellt er den Konservativen die Frage: Wollt ihr wirklich das Land ruinieren, um die Reichen zu schonen, wenn ihr eure Dogmen doch ohnehin im Falle eines Scheiterns der Gespräche über den Haufen werfen müsst?

Es dürfte schwer werden für die Republikaner, sich diesem Argument zu verwehren, zumal ihre Alternativen vage sind. Allein durch das Stopfen von Steuerlöchern wird sich der Haushalt nicht sanieren lassen. Das jährliche Defizit beläuft sich mittlerweile auf mehr als eine Billion Dollar, die Gesamtverschuldung ist auf knapp 16,5 Billionen Dollar gestiegen.

Auch auf einem zweiten Feld scheute Obama nicht die Konfrontation. Als Nachfolgerin für Außenministerin Hillary Clinton, die schon vor langer Zeit ihren Rücktritt angekündigt hatte, ist UN-Botschafterin Susan Rice im Gespräch, eine enge Vertraute des Präsidenten. Doch unter Republikanern wächst der Widerstand gegen ihre Nominierung. Nach dem Terroranschlag vom 11. September auf das US- Konsulat in der libyschen Stadt Bengasi war es vor allem Rice, die als Ursache dafür noch Tage später das islamfeindliche Youtube-Video „The Innocence of Muslims“ benannte. Für Senator John McCain ist das „entweder ein Zeichen von Inkompetenz oder der Versuch einer Verschleierung“. Obama verwahrte sich dagegen mit scharfen Worten: Die Vorwürfe seien „abscheulich“, die Reputation von Rice solle „beschmutzt“ werden.

Was gab’s sonst? In der Affäre um den zurückgetretenen CIA-Chef David Petraeus hielt sich Obama zurück. Er wolle den Ermittlungen nicht vorgreifen, sagte er, bislang gebe es keine Hinweise auf Geheimnisverrat oder Gefährdung der nationalen Sicherheit. Erneut in Aussicht stellte er eine rasche Reform des Einwanderungsrechts. Der Kampf gegen den Klimawandel hat für ihn weiter keine oberste Priorität. Und: Im Atomstreit mit dem Iran stehe das Zeitfenster für eine diplomatische Lösung weiter offen.

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