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Die Zeit läuft ab: Demokraten und Republikaner müssen sich einigen, sonst können die USA ab Mittwoch nicht mehr alle Staatsausgaben bezahlen.

© AFP

Update

Haushaltskrise in den USA: High Noon im Morgengrauen

Ungewöhnliche Arbeitszeiten haben sich die Mitglieder des US-Senats verordnet. So wollen sie die drohende Zahlungsunfähigkeit in letzter Minute abwenden. Medien berichten über eine vorläufige Einigung.

Nach Tagen der Konsternation und des Pessimismus sind am Sonnabend die Hoffnungen gewachsen, dass die USA ihre Insolvenz durch einen Kompromiss in letzter Minute verhindern. Die Bemühungen haben sich vom Abgeordnetenhaus, das als störrisch gilt, zum Senat verlagert. Diese zweite Kammer des Kongresses ist von ihrem Selbstverständnis her offener für Kompromisse, und auch ihre Geschäftsordnung zwingt dazu.

Der Fernsehsender ABC News berichtete am Sonntag, dass sich beide Seiten auf eine vorläufige Lösung verständigt hätten. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür zunächst nicht.

Wenn das Parlament nicht rasch die Erhöhung der Schuldengrenze von derzeit 14,3 Billionen Dollar beschließt, darf die Regierung keine neuen Kredite mehr aufnehmen und kann voraussichtlich ab Mittwoch nicht mehr alle laufenden Ausgaben bezahlen. Der Kongress muss sich bis Dienstag um Mitternacht nicht nur auf einen Ausweg geeinigt, sondern ihn auch als Gesetz verabschiedet haben. Nach den Kämpfen der letzten Wochen ist offenkundig: Es muss eine parteiübergreifende Lösung sein. Kein Lager hat die Mehrheit, um seine Wünsche durchzusetzen. Seit dem Wochenende ist die Bereitschaft moderater Volksvertreter gestiegen, sich offen gegen die Vertreter der reinen Lehre in der eigenen Partei zu stellen, die Parteidisziplin aufzugeben und mit den Moderaten auf der Gegenseite einen Kompromiss zu beschließen. Wegen technischer Regeln im Gesetzgebungsprozess werden die Bemühungen zu einem Rennen gegen die Uhr. Nach dem Arbeitsplan wollte der Senat um 1 Uhr 30 früh in der Nacht zu Sonntag zu einer prozeduralen Abstimmung kommen und 30 Stunden später ein inhaltliches Votum ansetzen. Das wäre am Montagmorgen um 7 Uhr 30. Dies sind ungewöhnliche Arbeitszeiten für das Parlament. Sie zeigen die Dramatik, aber auch den Willen, die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Diese Bereitschaft zum Kompromiss hatte im Abgeordnetenhaus gefehlt. Dort haben die Republikaner die Mehrheit und können Beschlüsse fassen, ohne Rücksicht auf die Opposition zu nehmen. Der rechte Parteiflügel beharrte auf einem Entwurf, der die konservativen Maximalpositionen enthält: drastische Kürzungen der Ausgaben, keine neuen Einnahmen durch Steuererhöhungen oder die Streichung von Abschreibungsmöglichkeiten und eine Verfassungsergänzung, die in jedem Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorschreibt – was der Regierung die Option nehmen würde, in Krisenzeiten zusätzliche Kredite für Konjunkturprogramme aufzunehmen. Die republikanische Parteiführung war gegen diesen Kurs. Sie weiß, dass ein solcher Beschluss nie Gesetz werden kann, weil der Senat dagegen stimmen wird. Der Chef der Konservativen im Abgeordnetenhaus, John Boehner, warb für eine Variante mit Ansätzen zum Kompromiss und erhob die Abstimmung indirekt zur Vertrauensfrage. Dennoch verweigerten ihm die Parteirechten am Donnerstag die Mehrheit. Am Freitag gab Boehner nach und legte einen Entwurf vor, der sie befriedigte. Das Abgeordnetenhaus verabschiedete ihn in der Nacht zu Samstag mit 218 Ja-Stimmen, der geringsten denkbaren Mehrheit. Alle Demokraten und 22 Republikaner stimmten dagegen. Diese Kompromisslosigkeit hat die USA geschockt. Boehner ist nun politisch angeschlagen. Die „New York Times“ kommentiert: „Das Haus hat sich irrelevant gemacht, nur der Senat kann die Finanzkrise noch verhindern.“ Zwei Stunden nach dem Votum im Haus lehnte der Senat den Entwurf erwartungsgemäß ab. Die 53 Demokraten und auch sechs Republikaner stimmten mit Nein. Das gibt Hoffnung, reicht aber noch nicht ganz zur Rettung. 60 der 100 Stimmen sind im Senat nötig, um zur Abstimmung zu gelangen. Der Demokrat Harry Reid und der Republikaner Mitch McConnell verhandelten am Sonnabend über eine Lösung, für die mindestens 60 Senatoren und eine Mehrheit aus moderaten Abgeordneten beider Seiten im Haus stimmen können. Wenn alles gut geht, kann ein solches Paket bis Dienstag um Mitternacht Gesetz werden. Es darf aber nichts mehr dazwischenkommen. Amerika steht vor dem finanziellen Abgrund. Nach Umfragen verlangen zwei Drittel der Bürger einen raschen Kompromiss.

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