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Haushaltspolitik: Sparen steuern

Klar ist eigentlich nur, dass der Haushalt konsolidiert werden muss. Sparen ist angesagt. Aber auch das Wort Steuererhöhung geistert umher. Welche Pläne hat die Koalition und was könnten sie bringen?

Bis spätestens Ende Juni muss Schwarz-Gelb eine Antwort darauf gefunden haben, wie Deutschland in den kommenden vier Jahren das Grundgesetz einhalten kann und trotzdem weder das Wirtschaftswachstum beschneidet noch die Sozialausgaben unzumutbar kürzt. Es geht schlicht um die Frage der Legitimation der Koalition: Wie will dieses Regierungsbündnis bis 2013 regieren – nun, da das Thema Steuersenkung vom Tisch ist?

Worum es geht, ist die Einhaltung der Schuldenbremse in der Verfassung. Dazu muss die Koalition jedes Jahr zehn bis 15 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt kürzen. 2011 wird das noch nicht allzu schwer. Danach aber geht es, wenn nicht Wachstum zu spürbar höheren Steuereinnahmen führt, ans Eingemachte. Keiner bestätigt es offiziell, zwischen den Zeilen allerdings wurde am Dienstag klar: Kanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) haben vergangenen Sonntag eine grobe Richtung verabredet. Danach sollen alle Steuervergünstigungen überprüft werden und die Ausgabenetats der Ministerien eingefroren werden. An Renten und Sozialausgaben wollen beide vorerst nicht rütteln. Dass auch die Bildungs- und Familienpolitik außen vor bleibt, hat Merkel mehrfach betont.

Begehrlichkeiten bei den Haushaltspolitikern wecken jedoch, wie schon des Öfteren, die Steuerzuschüsse für die gesetzliche Krankenversicherung. Sie liegen, den Einmalbetrag von 3,9 Milliarden herausgerechnet, in diesem Jahr immerhin bei 11,8 Milliarden Euro und sollen nach dem Willen des Gesetzgebers jährlich um 1,5 Milliarden aufgestockt werden. Diese Steigerungen müssten „auf den Prüfstand“, fordert nun Unionsfraktionsvize Michael Meister, und auch der CDU-Haushälter Norbert Barthle möchte geprüft haben, „ob diese Zuwachsrate künftig noch durchhaltbar ist“. Die Gesundheitsexperten derselben Partei jedoch wehren sich mit Händen und Füßen dagegen. Jeder Euro, der beim Steuerzuschuss fehle, erhöhe das Kassendefizit im nächsten Jahr, warnt Jens Spahn. Zudem decke der Zuschuss die Behandlungskosten für Kinder. „Das ist keine beliebige Manövriermasse.“ Und dem Gesundheitsminister würden Kürzungen ein massives Glaubwürdigkeitsproblem bescheren. Seit Monaten zieht Philipp Rösler (FDP) mit der Forderung durch die Lande, die Beiträge pauschal zu erheben und den Sozialausgleich über Steuern zu gewährleisten. Das sei gerechter, argumentiert er. Kritiker dagegen hatten von Anfang an davor gewarnt, dass man dann bei einer Gesundheitspolitik nach Kassenlage lande.

Eine andere Möglichkeit, den Haushalt zu sanieren, ist, die Steuern zu erhöhen, was allerdings Koalitionspolitiker ablehnen. Interessant sind dabei vor allem die Mehrwert- sowie die Lohn- und Einkommensteuer wegen ihrer hohen Aufkommen von zuletzt 177 beziehungsweise 152 Milliarden Euro. Klaus Zimmermann, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin, schlägt eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um sechs Punkte auf 25 Prozent vor, vor allem weil dies eine deutliche und dauerhafte Erhöhung der Einnahmen bringe. Weil die Steuererhöhung aber dazu führen würde, dass die Preise für Konsumgüter steigen und damit das gesamtwirtschaftliche Preisniveau, was wiederum zu sinkenden Reallöhnen führen würde, halten andere Ökonomen dies für fatal. „Wenn Sie die Konjunktur abwürgen wollen, machen Sie das“, kritisiert Michael Hüther vom arbeitgebernahen IW in Köln. Auch Gustav Horn vom gewerkschaftsnahen IMK sagt: „Das ist ein Rezept, das uns in die Depression führen würde.“ Zudem treffe eine Mehrwertsteuererhöhung vor allem die Ärmsten in der Gesellschaft, weil sie der Steuer nicht ausweichen können. Dass aber Rentner und Hartz-IV-Empfänger am Ende den Schaden bezahlen sollen, den Spekulanten und Banken angerichtet haben, hält er für falsch. „Das wäre die Verhöhnung des Verursacherprinzips“, sagt Horn. Aus ebendiesem Grund lehnt er auch eine Erhöhung der Einkommensteuer ab.

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