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Der stellvertretende italienische Premierminister Luigi Di Maio.

© Alessandro Di Meo / dpa

Haushaltsstreit: Italien sollte sich richtig verschulden

Härte gegenüber Populisten ist zwar wichtig. Noch wichtiger aber sind Wachstum – und neue Jobs. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Fabian Löhe

Die Dreistigkeit der italienischen Populisten im Streit mit der EU ist kaum zu überbieten. Das Defizit soll auf 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung verdreifacht werden. Dabei ist Roms Schuldenberg mit mehr als 130 Prozent des Bruttoinlandsproduktes doppelt so hoch, wie nach EU-Regeln erlaubt. Die Koalition aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega-Partei kann nur von den italienischen Wählern abgelöst werden. Die jedoch verlassen sich lieber auf Versprechen – vom Bürgereinkommen für Mittellose in Höhe von 780 Euro, über Steuersenkungen bis zu einer Rentenreform.

Bella Italia ist nicht damit geholfen, wenn europäische Politiker wie gebannt auf den immensen Schuldenberg starren. Denn die Zinsen sind seit gut zehn Jahren niedrig. So war es Italien möglich, die Laufzeit der Schulden relativ günstig zu verlängern. Es kommt daher jetzt vor allem darauf an, wofür das Geld genau ausgegeben wird. Brüssel darf – auch im eigenen Interesse – den Gesprächsfaden nach Rom nicht abreißen lassen. Nur durchs Sparen allein hat es noch kein Land wieder in die schwarzen Zahlen geschafft.

Daher gilt: Die EU sollte Italien helfen, weitere Schulden zu machen – nur eben die richtigen. Einem solchen Kompromiss kann sich auch die Regierung in Rom nicht verschließen. Denn das gefährlichere Problem für Italien ist das ausbleibende Wachstum. Und genau hier muss bezweifelt werden, dass Steuersenkungen und höhere Sozialausgaben fruchten.

Stattdessen ist Brüssel gefordert, gemeinsam mit Rom eine nachhaltige Wirtschaftspolitik auf den Weg zu bringen, die das Land langfristig entlastet. Knackpunkte sind der massive Einbruch der Wirtschaftsleistung um fünf Prozent in den vergangenen zehn Jahren und die hohe Jugendarbeitslosigkeit von 30 Prozent. Die Jobs – weniger die Schulden – sind Dreh- und Angelpunkt der italienischen Misere. Als erstes müssen die Unternehmen dazu motiviert werden, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Italiens wirtschaftliches Rückgrat ist der Mittelstand. Entscheidend ist zudem der Kampf gegen die verheerende Korruption – ein immenses Investitionsrisiko. Hier muss mehr Geld in die Strafverfolgungsbehörden fließen.

Europa lässt sich nicht erpressen

Ein solches Angebotspaket der EU schließt das notwendige Signal der Härte gegenüber den Unverschämtheiten der Populisten-Regierung nicht aus: Europa lässt sich nicht erpressen. Vielleicht wäre es ratsam zu verdeutlichen, dass Hilfe aus dem europäischen Rettungsschirm schon rein rechtlich nicht zur Verfügung steht, wenn Italien Sanierungsauflagen nicht zustimmt, sondern bewusst gegen EU-Vorgaben verstoßen will. Auch wäre eine Warnung wohltuend, dass sich ohne den Euro die Zinsen der italienischen Staatsanleihen fast verzehnfachen könnten.

Zudem sollte die EU unmissverständlich klarstellen: Beim Beibehalten des aktuellen italienischen Kurses werden die Banken der Eurozone erneut in die Krise geraten – aber nicht gerettet. Sie müssen Geld von dort abziehen. Geht aber ihre Bedeutung für Italien als Gläubiger zurück, macht das die europäische Politik weniger erpressbar.

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