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Politik: Heftige Gefechte im Grenzbereich

Das Verteidigungsministerium schweigt zu der Bundeswehr-Operation im Westen Afghanistans

Von
  • Robert Birnbaum
  • Hans Monath

Berlin - Zu groß schien die Bedrohung, als dass die Kommandeure der Bundeswehr und der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (Isaf) sie noch länger hinnehmen wollten: Immer mehr Kämpfer der radikalislamischen Taliban sickerten seit Sommer in die Provinzen Farjad und Badghis in der Grenzregion zwischen den Isaf-Regionalkommandos Nord (Deutschland) und West (Italien) ein. Die Region hatte zuvor als relativ sicher gegolten. Die Taliban, die gezielt Abstimmungsschwächen zwischen zwei Isaf-Kommandos ausnutzen, gingen aggressiv vor und ermordeten Polizisten. Der Druck auf die Bundeswehr, deren Soldaten im Regelfall nur im deutschen Regionalkommando tätig werden, stieg. Denn die Kämpfer drohten weiter in den Norden des Landes vorzudringen.

Im September entdeckten Luftbild- Auswerter eine verdächtige Ansammlung von Zelten im Grenzgebiet. Geliefert hatten die Bilder deutsche Aufklärungs-Tornados. Als die von Isaf-Kräften unterstützte afghanische Armee gegen die Verdächtigen vorging, kam es vor einer Woche zu teilweise heftigen Kämpfen. Am Montag wurden auch Kampfflugzeuge angefordert, um mutmaßliche Taliban anzugreifen. Nach Angaben des afghanischen Verteidigungsministeriums wurden bei dem Luftangriff mehrere Dutzend Kämpfer getötet, darunter ein ranghoher Anführer der Islamisten. In die Gefechte waren auch rund 200 norwegische Soldaten verwickelt. Der größte Teil sind Angehörige einer Schnellen Eingreiftruppe, die in Mazar-i-Scharif stationiert ist. Anders als in Deutschland wird in Norwegen offen über die Kampfhandlungen berichtet. Danach nahmen an der Großoperation neben den Norwegern 1000 bis 1500 afghanische und Isaf-Soldaten teil.

Während der deutsche Befehlshaber der Isaf-Region Nord, General Dieter Warnecke, vor einer Woche in einer amtlichen Isaf-Pressemitteilung stolz Erfolge beim Kampf gegen die Taliban in der Provinz Badghis pries, blieben Berliner Verantwortliche stumm. Dagegen erklärte ein Isaf-Sprecher auf Anfrage sogar, die bei der Aktion in Badghis eingesetzten Isaf-Kräfte hätten Warnecke unterstanden. „Ja, das können wir bestätigen“, sagte er dem Tagesspiegel.

Das Verteidigungsministerium in Berlin aber bleibt auch nach dem Bericht dieser Zeitung über den Einsatz von Bundeswehrsoldaten außerhalb des deutschen Kommandobereichs bei seiner Linie und will zu Operationen im Westen nicht Stellung nehmen. Intern wird betont, die Ausnahmeregelung im Isaf-Mandat des Bundestages werde durch den Einsatz nicht verletzt. Er sei für die Erfüllung des Auftrags der Schutztruppe Isaf unabdingbar und zeitlich wie im Umfang befristet. Überdies seien bisher keine deutschen Truppenbegleiter mit afghanischen Kräften in der Westregion tätig gewesen.

Kein Wunder, dass die Opposition sich verschaukelt sieht und von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) Aufklärung verlangt. Jung müsse bis Freitagmorgen erklären, „ob deutsche Soldaten in Afghanistan die durch das Bundestagsmandat gesetzten Grenzen überschreiten“, sagte Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn dem Tagesspiegel. Die Grünen wollten „präzise und ohne Ausreden“ informiert werden. Falls der Einsatz nicht zu beanstanden sei, sei es „unnötig und kontraproduktiv, eine derartige Geheimhaltung zu betreiben". Kuhn fügte hinzu: „So kann man nicht in der Bevölkerung für eine Unterstützung der Afghanistanpolitik werben.“

Auch die stellvertretende FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger forderte größere Offenheit. „Das Verteidigungsministerium wäre gut beraten, eine offensivere Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und von Einsätzen in Afghanistan Details zu berichten, wenn die Vorgänge abgeschlossen sind“, sagte sie.

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