zum Hauptinhalt
Polizeikräfte kesseln am 28.08.2015 in Heidenau (Sachsen) Rechte ein. Diese hatten sich am Abend, nach einem friedlichen Willkommensfest für Flüchtlinge, gegenüber dem Notquartier für Asylsuchende an einem Supermarkt versammelt. Die Ordnungshüter umstellten die Rechten, von denen viele Bierflaschen in der Hand hielten, mit gut einem Dutzend Polizeifahrzeugen.

© dpa

Update

Heidenau: Bundesverfassungsgericht kippt Versammlungsverbot

In Heidenau darf wieder demonstriert werden, hat das Bundesverfassungsgericht beschlossen. Stanislaw Tillich räumt indes ein, dass Sachsen ein Problem mit Rechtsextremen habe. Auf dem Willkommensfest in Heidenau hatte es erneut Rangeleien zwischen Polizisten und Rechten gegeben.

Das Bundesverfassungsgericht hat das Versammlungsverbot für das sächsische Heidenau komplett aufgehoben. Das sagte ein Sprecher am Samstag in Karlsruhe. Zunächst hieß es, das Demonstrationsverbot bliebe bis Montag früh bestehen. Die Karlsruher Richter bestätigten damit eine Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden, das das vom Landkreis verhängte Versammlungsverbot für die von rechtsradikalen Ausschreitungen erschütterte Stadt nahe Dresden am Freitag für „offensichtlich rechtswidrig“ erklärt hatte.

Antragsteller war ein junger Jurist aus dem Rheinland, der auch schon die Entscheidung in erster Instanz angestrengt hatte. Darin hatten die Dresdner Verwaltungsrichter ein Verbot aller Veranstaltungen in Heidenau über das gesamte Wochenende für unverhältnismäßig befunden. Außerdem bemängelten sie eine unzureichende Einschätzung der Gefahrenlage. Es seien lediglich die Erfahrungen der Krawalle herangezogen worden, die es am vergangenen Wochenende vor der in einem Baumarkt untergebrachten Asylunterkunft gegeben habe.

Auf dem Stand von gestern

Weil der Antragsteller aber nur an dem Willkommenfest hatte teilnehmen wollen, hätte das Verwaltungsgericht Dresden auch nur in diesem Fall das Versammlungsverbot aufheben dürfen, entschied das Bautzener Oberverwaltungsgericht. Dies sah Karlsruhe nun anders und hob die Entscheidung auf, womit der Spruch aus erster Instanz wieder in Kraft trat.

„Nach dem Hin und Her der letzten 24 Stunden sind wir jetzt wieder auf dem Stand von gestern“, sagte der Sprecher der zuständigen Dresdner Polizeidirektion, Thomas Geithner, am Samstag. Damit könne eine in Heidenau für Sonntagabend angemeldete Kundgebung von Unterstützern des Flüchtlingsheimes stattfinden. Aber auch neue Versammlungen könnten angemeldet werden. Dass die Polizei bei der derzeitigen Personallage in Heidenau nicht für 100-prozentige Sicherheit garantieren könne, sei ja der Versammlungsbehörde des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge bereits am Donnerstag deutlich gemacht worden, sagte Geithner. Die Behörde hatte das Verbot mit einem sogenannten polizeilichen Notstand begründet.

Das Oberverwaltungsgericht Bautzen am Freitagabend ein Willkommensfest für Flüchtlinge an der Notunterkunft in einem ehemaligen Baumarkt erlaubt. Bei einem Aufzug der fremdenfeindlichen „Bürgerinitiative Heidenau“ mit rund 250 Teilnehmern kam es im Anschluss zu Rangeleien.

Die Polizei kesselte die Gruppe ein, nahm Personalien auf und erteilte Platzverweise. Auch in Dresden demonstrierten am Abend rund 70 Anhänger der rechten Szene. Um das vom Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge erlassene Versammlungsverbot in Heidenau hatte es am Freitag ein zähes juristisches Tauziehen gegeben. Das Verbot war von Bundespolitikern vieler Parteien kritisiert worden.

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) räumte unterdessen Probleme mit Rechtsextremen im Freistaat ein. „Sachsen ist ein demokratisches Land, aber es gibt Kräfte, die die Freiheit nicht wollen und die Demokratie bekämpfen“, sagte Tillich der „Bild“-Zeitung.

Bundesanwaltschaft prüft Ermittlungen

„Diese Leute, die am Rand von NPD-Aufmärschen applaudieren, begeben sich an den Rand der Gesellschaft und beklatschen einen Ungeist, der in Deutschland nie wieder herrschen darf“, betonte der Ministerpräsident. Hintergrund für die angespannte Lage im sächsischen Heidenau sind gewalttätige Krawalle Rechtsradikaler. Bei den Ausschreitungen vor einer Woche waren vor der neuen Flüchtlingsunterkunft unter anderem über 30 Polizisten verletzt worden. Die Randale hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst.

Die Bundesanwaltschaft prüft, ob sie die Ermittlungen zu den rechten Krawallen vor einer Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Heidenau übernimmt. Die Kriterien dafür könnten ganz unterschiedlich sein, sagte ein Sprecher der Karlsruher Behörde am Samstag, ohne konkrete Beispiele zu nennen. Er bestätigte einen Bericht des Magazins „Der Spiegel“.

Wann darüber entschieden wird, sei offen. Bei den Ausschreitungen vor einer Woche waren mehr als 30 Polizisten verletzt worden. Zudem bestätigte der Sprecher, dass zwei Beobachtungsvorgänge angelegt wurden: Einmal geht es um sämtliche Brandanschläge auf Asylunterkünfte in Deutschland, im anderen Fall um rechts motivierte Gewaltstraftaten im Zusammenhang mit Flüchtlingen. (dpa/ epd)

Zur Startseite