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Im Zentrum eines gefährlichen Konfliktes: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zeigte Heiko Maas am Donnerstag Teile einer abgeschossenen Drohne, die aus dem Iran stammen soll.

© KOby Gideion/GPO/dpa

Heiko Maas als Außenminister: Es war nicht alles schlecht

Auf dem Höhepunkt des Konflikts zwischen Israel und der Hamas sprach Heiko Maas mit zentralen Akteuren in Nahost. Was hat er bisher erreicht in seinem Amt? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Hans Monath

Das Regierungsflugzeug rollte schon an, da stand Heiko Maas noch im Gang und gab dem „heute journal“ vor dem Abflug aus Tel Aviv ein Interview. Hinter ihm lag ein Tag mit Terminen bei Premierminister Benjamin Netanjahu, dem Prräsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas sowie seinem israelischen Amtskollegen und dem israelischen Minister für Verteidigung. Und der Waffenstillstand rückte näher.

Maas nahm nicht für sich in Anspruch, dass seine Reise zur Einigung beigetragen hätte, was auch nicht sehr glaubwürdig gewesen wäre. Aber es war trotzdem ein Moment, wie ihn sich viele Bürger von ihrem Außenminister wünschen: Deutschland redete mit in einem Konflikt, auf den die Welt schaut.

Auf einer Auslandsreise kritisierte Maas eine Kabinettskollegin

Viele solcher Höhepunkte hat es für den SPD-Politiker nicht gegeben in den vergangenen Monaten. Das war auch, aber nicht nur der Pandemie geschuldet. Seit deren Ausbruch tauschen Außenminister sich oft nicht mehr direkte, sondern per Videokonferenz aus. Die Welt sei gefährlicher geworden, weil keine Krisentreffen von Spitzenpolitikern möglich seien, bei denen man sich in die Augen schaue, hat der Topdiplomat Wolfgang Ischinger in dieser Zeitung konstatiert. Nun scheint auch das diplomatische Geschäft mit realen Treffen wieder anzulaufen.

Routiniert hat Maas Hunderte von diplomatischen Treffen absolviert. Ohne viele Pannen, wenn man davon absieht, dass er den USA Hilfe bei der Demokratisierung anbot oder von der Türkei aus den Vorschlag von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer für eine Sicherheitszone in Syrien in der Türkei kritisierte.

Attacken auf Kollegen aus dem Ausland sind wenig loyal. Aber was hat sein Engagement seit Amtsantritt  im März 2018 inhaltlich gebracht?

Stolzer Urheber: Einen Tag vor seiner Nahost-Reise präsentierte Heiko Maas das Weißbuch Multilateralismus der Bundesregierung. Es trägt den Titel: "Gemeinsam für die Menschen".
Stolzer Urheber: Einen Tag vor seiner Nahost-Reise präsentierte Heiko Maas das Weißbuch Multilateralismus der Bundesregierung. Es trägt den Titel: "Gemeinsam für die Menschen".

© imago images/Political-Moments

Eines seiner wichtigsten Projekte hatte der Minister am Tag vor seiner Nahost-Reise bilanziert, als er das „Weißbuch Multilateralismus“ der Bundesregierung vorstellte. Er nennt es einen Kompass für das internationale Handeln Deutschlands. Vor zwei Jahren hatte Maas mit seinem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian die „Allianz für den Multilateralismus“ ins Leben gerufen, die nach dem Ausfall der USA unter Trump die regelbasierte internationale Ordnung retten sollte. Inzwischen gehören ihr 70 Staaten an, aber jenseits von Beschlüssen zu Themen wie der globalen Gesundheitsorganisation muss das Projekt mit dem klangvollen Namen seine Schlagkraft erst noch beweisen.

Aus dem Auswärtigen Amt heraus zu gestalten, ist immer schwieriger geworden, seit das Kanzleramt in den vergangenen Jahren stetig immer mehr Zuständigkeiten aus diesem Bereich an sich gezogen hat. Nur mit hoher Kreativität und hoher Autorität kann ein Chefdiplomat neben der Regierungszentrale glänzen. Doch Maas selbst beschränkt seine Fantasie, wenn er nicht auf neue außenpolitische Spielräume schaut, sondern auf die machtpolitischen Fesseln, die ihm seine SPD anlegt. Die neigt immer mehr zu nationalpazifistischen Tendenzen, welche auf Dauer sicher nicht dazu beitragen, die EU in der Welt sicherheitspolitisch stark zu machen.

In Sicherheitsfragen nimmt Maas zu viel Rücksicht auf die SPD

Was die Autorität angeht, hängt Maas gleichsam in der Luft, seitdem seine Förderin Andrea Nahles vor zwei Jahren als Fraktions- und Parteichefin der SPD zurücktrat. Nahles hatte ihn ermuntert, sich gegen Russland hart zu zeigen, das Regeln brach und die EU spalten wollte. Das tat er, und der Fall Nawalny und der Mord im Tiergarten verlangen weiter klare Worte. Doch nun hat der Minister in der Sicherheitspolitik seine Partei- und Fraktionsführung gegen sich.

Dabei kann er diplomatische Erfolge für sich verbuchen, etwa die zwei Jahre der deutschen Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat, die Vorbereitung und Begleitung der – immer noch prekären – Friedensverhandlungen für Libyen, Initiativen zur Abrüstungs- und Nichtverbreitungspolitik, neue Instrumente zur Stabilisierung der Sahel-Zone oder Vorschläge zur Evaluierung einer verunsicherten Nato, die vom Bündnis auch aufgenommen wurden. Auch das vor mehr als einem Jahr in München etablierte Kleeblattformat von Deutschland, Frankreich, Ägypten und Jordanien erwies sich nach der Eskalation zwischen der Hamas und Israel als nützlich.

Aber hilft das in den ganz großen Fragen? Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell mahnt immer wieder, Europa müsse die Sprache der Macht neu lernen. Das wird schwierig, wenn die Regierungspartei SPD immer wieder Zweifel an der Bündnisfähigkeit Deutschlands weckt, ohne dass ihr Außenminister dies verhindern will oder kann. Ob die Grünen, die mit viel Energie in die Regierung drängen und neue Impulse in der Außenpolitik versprechen, verlässlicher agieren würden, ist eine andere Frage.

In Umfragen ist Heiko Maas beliebt, aber das muss nicht an seinen Leistungen liegen. Nur Guido Westerwelle war es gelungen, das Gesetz zu brechen, wonach jeder Außenminister geachtet wird.

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Hat der SPD-Politiker Deutschlands Rolle in der Welt so entscheidend verändert, dass es zu seinen Ehren einmal einen holzgetäfelten Heiko-Maas-Saal im Auswärtigen Amt geben sollte? Bislang liefert er dafür noch keinen überzeugenden Grund. Und die Zeit, ihn nachzureichen, sie wird knapp.

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