zum Hauptinhalt

Politik: Heiligendamm wird eingezäunt

Demonstranten sollen möglichst weit vom Tagungsort des G-8-Gipfels ferngehalten werden

Weil im Juni 2007 in Heiligendamm der G8-Gipfel tagt, lässt Mecklenburg-Vorpommerns Landesregierung das kleine, aber feine Ostseebad weiträumig einzäunen. Rund 13 Kilometer lang, 2,50 hoch und knapp einen Meter tief in der Erde verankert soll sich die Absperrung im weiten Halbkreis um den kleinen Ort legen. Wer die intern auf rund 15 Millionen Euro geschätzten Kosten trägt, ist noch nicht geklärt. Dabei streiten sich das Land und der Bund immer noch darüber, wer den Sicherheitsaufwand während des Besuchs von US-Präsident George W. Bush in Stralsund und Trinwillershagen im vergangenen Juli übernimmt. Auf den 14,65 Millionen Euro Kosten droht das Land sitzen zu bleiben.

Als Bush im Juli im Grand-Hotel in Deutschlands ältestem Seebad, dessen Sanierung in den vergangenen Jahren bereits dreistellige Millionensummen kostete, einquartiert war, überraschte er die Sicherheitskräfte, als er zwischen zwei Terminen zu einer kleinen Fahrradtour aufbrach. Im nächsten Jahr würde er nicht weit kommen. Die Sicherheitsanalyse habe ergeben, dass der Zaun notwendig sei, sagte Axel Falkenberg, Sprecher des Sonderstabes der Landespolizei, die den Einsatz während des Gipfels vorbereitet. Es herrsche höchste Sicherheitsstufe für die Staatsgäste und ihre vielköpfigen Delegationen, wenn sie vom 6. bis 8. Juni nach Mecklenburg-Vorpommern kommen. Die von Globalisierungsgegnern angekündigten Proteste, möglicherweise auch Blockaden, seien „Begründung genug“ für den Zaun. „Wir wollen Übergriffe ausschließen“, sagt Falkenberg. Er verweist auf den G-8-Gipfel im schottischen Gleneagles im Juli 2005, der ebenfalls mit Hilfe eines acht Kilometer langen Stahlgitterzauns abgesichert wurde. Ab Januar soll der Zaun um Heiligendamm gebaut werden, Ende April soll er fertig sein. „Schritt für Schritt“ sollen dann die Sicherheitsmaßnahmen bis zum Gipfel verschärft werden. Am Ende dürfen nur noch die 280 Einwohner, angemeldete Hotelgäste und Lieferanten nach Heiligendamm.

Monty Schädel, ehemaliger PDS-Landtagsabgeordneter und Koordinator der G-8-Proteste, hofft auf 100 000 Demonstranten aus ganz Europa. „Wenn die Regierenden meinen, sich und die Freiheit mit einer Mauer schützen zu müssen, kann es mit der Freiheit nicht weit her sein“, sagt Schädel zum Sicherheitszaun. Heiligendamm werde auf fragwürdige Weise „demokratiefrei gemacht“, weil dort kein Protest gegen den Gipfel mehr möglich sein wird.

Im Schweriner Innenministerium werden Gerüchten zufolge die Kosten für die Sicherheit auf 90 bis 110 Millionen Euro taxiert – womit die Kosten für den Gleneagles-Gipfel noch überschritten wären. Im Landeshaushalt sind jedoch nur zehn Millionen Euro eingeplant. Ursprünglich glaubte das Ministerium, für den Sicherheitsaufwand nur 30 Millionen Euro zu benötigen, und hatte gehofft, der Bund werde zwei Drittel davon tragen. Viel mehr als die zehn Millionen wird Ministerpräsident Ringstorff (SPD) nach seiner massiven Kritik an den Kosten des Bush-Besuchs seinen Landeskindern kaum schmackhaft machen können.

Bernd Fischer, Geschäftsführer des Landestourismusverbandes, freut sich derweil über den G-8-Gipfel. Zwar werde es Anfang Juni 2007 nur Bilder vom Händeschütteln der Regierungschefs und der Demonstranten sowie „ein oder zwei Eindrücke aus der wunderschönen Umgebung“ geben. Im Vorfeld werde der Verband jedoch schon zahlreiche Journalisten aus dem In- und Ausland einladen, die sich ohne den G-8-Gipfel nicht für die Region an der Ostsee interessieren würden. Zahlreiche Zimmer in Hotels und Pensionen sind bereits für Anfang Juni ausgebucht, berichtet Fischer. Vom Gleneagles-Gipfel habe man gelernt, dass die Zimmerpreise „nicht explodieren“ dürfen. „Das ist bei der internationalen Presse ganz schlecht angekommen.“ Und vom Schutzzaun, glaubt Fischer, werden weniger die Touristen als die Einwohner betroffen sein.

Zur Startseite