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Politik: Helfer brauchen Hilfe

Der Darfurkonflikt geht ins sechste Jahr – die UN-Mission lässt auf sich warten

Berlin - Die Anrufe der Vereinten Nationen zeigen bislang nicht den geringsten Erfolg. Täglich klingeln die Telefone in den Außenministerien der Mitgliedstaaten, immer wieder bittet die Darfur Task Force aus der Zentrale für Friedenseinsätze in New York um technische Unterstützung für Unamid (United Nations-African Union Mission in Darfur). Die Mission soll einmal die größte in der Geschichte der UN werden. Zum Jahresbeginn sollten 26 000 Blauhelme die 7000 im Sudan stationierten afrikanischen Soldaten ablösen. Doch der Erfolg, den Diplomaten bereits als Wendepunkt in der Tragödie Darfurs feierten, lässt auf sich warten.

Kaum jemand ist bereit, Truppen in die umkämpfte Krisenregion zu entsenden, dringend erforderliche Transporthubschrauber stehen nicht zur Verfügung. „Rhetorisch wird uns viel Verständnis entgegengebracht, aber es passiert einfach nichts“, sagte eine Sprecherin der Friedensmission in New York.

Der Darfurkonflikt ist eine Krise der Superlative: die mit Abstand größte Nothilfesituation weltweit. In diesen Tagen feiert der Krieg, der im Frühjahr 2003 als Ausrottungsfeldzug des sudanesischen Regimes in einer aufsässigen Provinz begann, seinen unrühmlichen fünften Geburtstag. Den von den USA als „ersten Genozid des 21. Jahrhunderts“ bezeichneten Konflikt haben geschätzte 200 000 Menschen mit dem Leben bezahlt, von 2,5 Millionen Flüchtlingen ist die Rede. Die Krise ist so unübersichtlich geworden, dass von Frieden kaum jemand zu sprechen wagt. Anfangs kämpften noch schwarzafrikanische Rebellengruppen gegen die Unterdrückung der arabischen Zentralregierung in Khartum. Heute streiten über 30 Splittergruppen um unterschiedliche Interessen. Nomaden bekämpfen Ackerbauern, Rebellen und Banditen marodieren untereinander, selbst die von der Regierung unterstützten Reitermilizen, die Djandjaweed, ermorden sich gegenseitig. Eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen berichtet von Massenexekutionen, Massenvergewaltigungen, Vertreibungen und Zerstörungen ganzer Dörfer. Auf einer Fläche von der Größe Frankreichs leben rund sechs Millionen Menschen in einer unendlichen Steppe aus Staub, Stein und ausgetrockneten Wadis. Nutzbares Land ist rar, Wasser noch seltener. Ohne Hilfsorganisationen würde die Hälfte der Einwohner verhungern.

Doch ihre Arbeit wird immer gefährlicher. Mit Straßenblockaden und Grenzposten kontrollieren Banditen ihre Gebiete und verlangen Wegzoll, häufig mit tödlichen Folgen für die humanitären Helfer. „12 Fahrer und 24 Lastwagen sind vom Welternährungsprogramm verschwunden“, sagt Ralf Südhoff, Leiter des Berliner Büros. Das Beutegut dient dem Tausch für Kriegsgerät, vor allem für wendige Pick-ups, um Maschinengewehre auf deren Ladefläche zu installieren.

Die Sicherheitslage ist das Hauptproblem für die Hilfsorganisationen. „Viele mussten ihre Arbeit reduzieren, einige Gruppen haben die Hilfslieferungen komplett eingestellt“, berichtet Thomas Pfeiffer, der Delegationsleiter des Deutschen Roten Kreuzes im Sudan. Der Unamid- Einsatz ist für das Rote Kreuz überlebenswichtig. „Was wir brauchen, sind sichere Arbeitsbedingungen und Schutz“, sagt Pfeiffer. Seine Mitarbeiter sind angewiesen auf eine funktionstüchtige Mission, auf mobile und ausgeschlafene Soldaten, die Flüchtlingslager sichern und Korridore für die Nothilfe bewachen.

Die Wiederherstellung der Sicherheitslage sieht auch Torben Brylle als Priorität. Der Däne ist seit April 2007 Sonderbeauftragter der EU für den Sudan. Auch von der Bundesregierung hat die UN Unterstützung erbeten, einen Hubschrauber und weitere Transporteinheiten. Eine Antwort gibt es bislang nicht. Im Verteidigungsministerium ist man sich bewusst, dass es Unamid an vielem fehle, vor allem an Material, das den Truppen die benötigte Mobilität verschafft. Doch der benötigte Hubschrauber stehe aufgrund wichtigerer Einsätze nicht für eine dauerhafte Stationierung zur Verfügung, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. Wenn man im Sudan also einen Hubschrauber hinstellen wolle, müsste dieser vorher woanders abgezogen werden. Bis der Konflikt in Darfur wirklich ernst genommen wird, bleibt der Darfur Task Force in New York also nichts anderes übrig, als weiterhin zu drängen und zu bitten.

Alexander Glodzinski

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