zum Hauptinhalt
Heribert Schwan bei der Präsentation seines Kohl-Buchs

© Britta Pedersen/dpa

Helmut Kohl und Heribert Schwan: Das letzte Wort im Streit um Kohls Lästereien

Helmut Kohls Biograf Heribert Schwan muss in seinem Buch Schmähungen des Altkanzlers über politische Weggefährten schwärzen. Jetzt entscheidet das Oberlandesgericht Köln über seine Berufung - die umstrittenen Aussagen hätten historisches Gewicht, meint er.

Der Streit um Helmut Kohls Lästereien über frühere politische Weggefährten geht in eine neue Runde. An diesem Dienstag verhandelt das Oberlandesgericht Köln über die in dem Buch „Vermächtnis – die Kohl-Protokolle“ veröffentlichten Zitate, mit denen der Altkanzler etwa Ex-Bundespräsident Christian Wulff als „Null“ und Kanzlerin Angela Merkel als Dame ohne Charakter bezeichnete.

Das Kölner Urteil ist für das laufende Eilverfahren abschließend. Es wird wohl erst in einigen Wochen verkündet, dennoch könnten die Richter jetzt schon deutlich machen, wie sie die Sache sehen.

Streit um Verabredungen

Das Landgericht hatte dem Verfasser Heribert Schwan, dessen Co-Autor Tilman Jens und dem Verlag im November untersagt, den überwiegenden Teil der verwendeten 115 Äußerungen weiterhin zu verbreiten. Schwan hatte in seiner Funktion als offizieller Kohl-Biograf Tonbanddokumente gesammelt und später ohne jede Absprache für sein eigenes Werk verwendet. Nach Ansicht des Gerichts habe es jedoch eine „Geheimhaltungsabrede“ gegeben, die Schwan dauerhaft zum Schweigen verpflichtet hätte.

Gegen das Urteil sind beide Seiten in Berufung gegangen. Kohls Anwälte wollen erreichen, dass sämtliche der von ihnen beanstandeten Äußerungen untersagt werden, auch etwa, wenn Autor Schwan, wie im Fall Wulff, eigene Bewertungen abgibt, die auf die Tonbandprotokolle Bezug nehmen („Er wird wohl als Null in die Geschichtsbücher eingehen“).

Der Heyne-Verlag und seine Autoren bestreiten dagegen, dass es einen Geheimhaltungsvertrag gegeben haben soll. Das Kölner Urteil sei „erkennbar von Sympathie und Antipathie geprägt“, heißt es in der Berufungsbegründung. In dem Wunsch, Kohl in seiner jetzigen gesundheitlichen Verfassung eine angebliche Bloßstellung zu ersparen, habe das Landgericht ebenso das Vertragsrecht missachtet wie das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit. Die Richter hätten in ihrem Urteil Aussagen von historischem Gewicht als unterhaltend abqualifiziert und damit den Persönlichkeitsrechten Kohls durchgehend Vorrang eingeräumt. „Eine Fehlentscheidung“, meinen die Verlagsanwälte, da die Zitate aus einer Zeit stammten, als Kohl im Vollbesitz seiner Kräfte und der erfahrenste Politiker im Bundestag gewesen sei – einschließlich „jahrzehntelanger Medienerfahrung“.

Möglicher Schadenersatz

Tatsächlich hatte der frühere WDR- Journalist Schwan nie eine Schweigeverpflichtung unterschrieben, als er noch für Kohls Memoiren beschäftigt war. Die Richter folgerten dies aus den Umständen und dem Ziel des Jobs. Schwan habe mit der Unterschrift unter den Memoiren-Vertrag eingewilligt, dass seine Grundrechte zurückträten. Sollten die Passagen weiterhin verboten bleiben, könnten auf den Verlag Schadenersatzforderungen zukommen. Kohls Anwälte sprechen von einer „siebenstelligen Summe“. Schwan ist in ihren Augen ein „Verräter“ und „Dieb geistigen Eigentums“. Zehntausende Bücher waren damals ohne Schwärzungen in den Handel gelangt.

Zur Startseite