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Holger Münch (l), Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU).

© dpa

Herbsttagung des Bundeskriminalamts: Datensysteme sind dem islamistischen Terror nicht gewachsen

BKA-Chef Münch sieht Europa dem Terror nicht gewachsen, was Informationssysteme angeht. Er fordert eine digitale Aufrüstung der Ermittler.

Von Frank Jansen

Mit drastischen Worten hat der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, am Mittwoch in Mainz die diesjährige Herbsttagung seiner Behörde eröffnet. Die Informationssysteme der europäischen Sicherheitsbehörden seien der Herausforderung durch den islamistischen Terror „nicht gewachsen“, sagte Münch vor der Presse. Es habe beispielsweise eineinhalb Jahre gedauert, so genannte foreign fighters in das Schengener Informationssystem einzuspeisen, monierte Münch. „Das können wir uns nicht mehr leisten.“

Auch der internationale Abgleich biometrischer Daten verdächtiger Personen dauert dem BKA-Chef Münch viel zu lange. Und: sobald Terrorverdächtige mit falschen Namen oder Aliaspersonalien agierten, oder wenn auch nur die Schreibweise der Namen von Behörde zu Behörde unterschiedlich sei, könnten Straftäter unerkannt agieren. Münch verwies zudem auf das wachsende Problem der verschlüsselten Kommunikation von Terrorverdächtigen wie auch anderen Kriminellen über Messengerdienste. „Wir müssen in der Lage sein, Straftaten digital zu ermitteln“, sagte der BKA-Präsident. Notwendig sei eine Polizei, „die sich selbstverständlich in der digitalen Welt wie in der analogen Welt bewegt“. Das BKA will laut Münch unter anderem mit einer seit Juli veränderten Organisationsstruktur gegenhalten.

Die IT soll umgebaut werden

Die Kapazitäten zur Bekämpfung des islamistischen Terrors würden weiter ausgebaut. Münch betonte zudem, das Darknet werde stärker kontrolliert. Über diesen schwer zugänglichen Teil des Internets werden unter anderem illegal Waffen gehandelt. Der Amokläufer von München, David Sonboly, hatte sich seine Pistole über das Darknet besorgt. Mit der Vision einer „Polizei 2020“ gab Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) dem BKA-Präsidenten indirekt recht. Vor allem mit Blick auf notwendige Reformen in der Informationstechnik der deutschen Polizei. „Wir sollten uns zutrauen, die ganze IT umzubauen“, sagte der Minister. Anstatt hunderte Änderungen beim Informationssystem Inpol vorzunehmen, solle ein neues BKA-Gesetz geschaffen werden. „Wir werden die IT-Landschaft im BKA umbauen - von einer Struktur gut gepflegter, aber verschiedener Datentöpfe zu einer hochmodernen und einheitlichen IT-Architektur“, sagte der Minister.

Ein „IT-Großprojekt, das das BKA betrifft“, werde das europäische „Fluggastdateninformationssystem“ sein, sagte de Maizière. Das Europäische Parlament und der Europäische Rat hatten im April eine Richtlinie beschlossen, die eine Speicherung von Daten zu Passagieren vorsieht, die Flüge in die EU oder aus der EU hinaus buchen. „Wir werden ein solches System bis Mitte 2018 nach Brüsseler Vorgaben aufbauen“, kündigte der Minister an. „Wir wollen Terroristen erkennen, wenn sie versuchen, durch Europa zu reisen. Wir wollen gefährliche Personen finden, wenn Sie untertauchen wollen“, sagte de Maizière.

Strafverfahren gegen Funktionäre des DWR?

Zu der Vision „Polizei 2020“ gehört für ihn auch eine verbesserte Kooperation der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern. „Wir haben im Moment viele Dateien, aber keinen zentralen Überblick über alle relevanten Erkenntnisse aus Bund und Ländern“, sagte der Minister, „das wollen und müssen wir ändern“. Über den angestrebten, neuen Informationsverbund will er in zwei Wochen mit den Länderkollegen bei der Tagung der Innenministerkonferenz sprechen. Laut de Maizière wird das BKA bis 2020 mehr als 1300 zusätzliche Stellen bekommen. Auch finanziell werde das BKA „ganz erheblich“ aufgerüstet. Der Etat werde von knapp 430 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 574 Millionen Euro im nächsten Jahr erhöht.

Am Rande der BKA-Tagung kam auch das am Dienstag von de Maizière verkündete Verbot des salafistischen Vereins „Die wahre Religion“ (DWR) zur Sprache. Holger Münch schloss nicht aus, dass die Erkenntnisse aus der Vorbereitung des Verbots wie aus der Razzia vom Dienstag zu Strafverfahren gegen Funktionäre des DWR führen.

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