Mehr als 100 Jahre hat es gedauert, bis Deutschland sich dazu bekannte, dass das Land schon Anfang des 20. Jahrhunderts für einen Völkermord verantwortlich war. 1904 bis 1908 löschten deutsche Kolonialtruppen die Herero und die Nama nahezu aus. 2004 hatte sich die damalige Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul erstmals vorsichtig dafür entschuldigt. Doch erst 2015 verwendete Außenminister Frank-Walter Steinmeier erstmals den Begriff „Völkermord“ im Zusammenhang mit den Massakern an den beiden ethnischen Gruppen im Südwesten Afrikas.
Seit 2015 verhandeln die deutsche und die namibische Regierung darüber, wie die Ereignisse bewertet werden sollen – und was daraus für Namibia und die Nachfahren der Herero und Nama folgt. Dass es ein Genozid war, bestreitet niemand mehr. Aber auf individuelle Entschädigungszahlungen will sich Deutschland nicht einlassen. Genau das versuchen Herero-Chef Vekuii Rukoro und Nama-Chef David Frederick nun mit einer Sammelklage gegen Deutschland in New York zu erreichen.
Zwar zahlt Deutschland Namibia die höchste Pro-Kopf-Entwicklungshilfe in Afrika, doch bei den Herero und Nama ist nicht viel davon angekommen. Sie befürchten, dass sie von den vereinbarten Investitionen in Häuser, Stromversorgung, Berufsausbildung und dem Jugendaustausch wieder wenig bei ihnen ankommen wird. Allerdings würden ihnen individuelle Entschädigungsverfahren kaum helfen. Es sind die Ur-Ur-Enkel, die gerichtsfest beweisen müssten, welchen Besitz ihre Vorfahren hatten – und das ohne auf gut geführte Katasterämter oder Steuerdaten zurückgreifen zu können.
Politik Tod in der Wüste
Noch fehlt es offenbar an einer symbolischen Geste, die allen Seiten – den Nachfahren der Herero und Nama, der namibischen und der deutschen Regierung – würdig genug erscheint. Und es fehlt das Vertrauen in eine Garantie für die Herero und Nama, dass das Geld diesmal auch bei ihnen ankommt. Beides muss noch gefunden werden. Denn ein Völkermord verjährt nicht.
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