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Politik: Herlitz AG: Alle streiten, alle hoffen

Nach der Insolvenz des Berliner Schreibwarenkonzerns Herlitz hat dessen Vorstand schwere Vorwürfe gegen das Land erhoben. Vorstandschef Christian Supthut sagte am Mittwoch, es sei unverständlich, dass kein Vertreter des Finanzsenats bei den entscheidenden Beratungen über die Kreditgarantien der Firma zugegen gewesen sei.

Nach der Insolvenz des Berliner Schreibwarenkonzerns Herlitz hat dessen Vorstand schwere Vorwürfe gegen das Land erhoben. Vorstandschef Christian Supthut sagte am Mittwoch, es sei unverständlich, dass kein Vertreter des Finanzsenats bei den entscheidenden Beratungen über die Kreditgarantien der Firma zugegen gewesen sei. Berlins Wirtschaftssenator Gregor Gysi (PDS) sieht die Schuld für die Herlitz-Pleite bei den Banken. Berlin und Brandenburg seien zu Bürgschaften bereit gewesen, allerdings nicht in der geforderten Höhe. Die Banken hätten "in angemessenem Umfang Risikobereitschaft an den Tag legen" sollen.

"Die öffentliche Hand hat uns hier nicht geholfen", betonte der Vorstandsvorsitzende. Nach ergebnislosen Gesprächen mit den Landesregierungen Berlin und Brandenburg und den Banken über eine Verlängerung ausstehender Kredite hatte der Konzern am Mittwochmorgen das Insolvenzverfahren beantragt. Die Banken hatten von den Landesregierungen Bürgschaften für Unternehmenskredite gefordert.

Durch Fehlinvestitionen der Unternehmensleitung bestehe bei der Traditionsfirma seit Jahren Sanierungsbedarf, erklärte Gysi. Immer wieder neue Kredite der Banken sowie Bürgschaften und Hilfen der Länder hätten nicht verhindert, dass das Unternehmen erneut in erhebliche Schwierigkeiten geraten sei. Gysi stellte die Verantwortung der Geldhäuser heraus. Das Bankenkonsortium, "dem faktisch das Unternehmen gehört", sei zu einer neuen Kreditlinie nur bereit gewesen unter der Bedingung, dass Berlin und Brandenburg den größten Teil der Verbindlichkeiten durch Landesbürgschaften absicherten. Damit wären die Steuerzahler in Haftung genommen worden, sagte der PDS-Politiker. Die Banken hätten sich nicht darauf eingelassen, das Risiko angemessen mitzutragen. Stattdessen habe die Unternehmensleitung entschieden, die Insolvenz zu beantragen. Gysi sieht in dem Insolvenzverfahren jedoch "die Chance, die gesunden Kerne des Unternehmens und damit den Hauptteil der Arbeitsplätze zu retten". Hier blieben die Banken, die Länder, die Unternehmensleitung und der Betriebsrat in der Pflicht, mahnte er. Gysis Staatssekretär Volkmar Strauch (SPD) sagte im FAZ-Business-Radio, Berlin sei mit seinen Hilfsangeboten "eigentlich über das normalerweise zulässige Maß hinausgegangen".

Die Wirtschaftsverwaltung wies Vorwürfe der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zurück, denen zufolge sie den Fall Herlitz vernachlässigt habe. Wirtschaftsstaatssekretär Strauch sei ständig mit dem Thema befasst und auch im entscheidenden Gespräch mit den Banken am Dienstag dabei gewesen, sagte Wirtschafts-Sprecher Christoph Lang.

Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) äußerte Bedauern über die Pleite von Herlitz. Das Land Brandenburg habe sich "im Unterschied zu anderen Beteiligten" bis zuletzt sehr intensiv dafür eingesetzt, die Insolvenz abzuwehren. "Wir haben Angebote gemacht - eigentlich schon fast über die Grenze des Zulässigen aus unserer Sicht." Er habe erwartet, dass sich die Banken ein bisschen mehr bewegen. Schließlich seien sie ja Miteigentümer des Unternehmens.

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