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Hessen: Koch blamiert die Opposition

Am Ende einer anstrengenden Plenarwoche kehrt in den hessischen Landtag gewöhnlich Ruhe ein. Am Freitag war das anders. In den Büros von SPD und Grünen suchte man fieberhaft nach der Ursache jener Panne, die dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Roland Koch, CDU, am Vortag zu einem großen Auftritt verholfen hatte.

Wie konnte es geschehen, dass in dem entscheidenden Exemplar des Gesetzestextes, der an die Landtagsverwaltung verschickt wurde, eine wichtige Passage fehlte? Niemandem bei SPD und Grünen war das aufgefallen, obwohl diese fehlerhafte Version bereits bei der Ausschusssitzung am 28. Mai und bei der Plenardebatte am Dienstag die Geschäftsgrundlage bildete. So konnte denn Roland Koch am Donnerstag den sichtlich erschütterten Kollegen der selbst ernannten „Gestaltungsmehrheit“ von SPD, Grünen und Linken genüsslich mitteilen, sie habe „Unsinn“ verabschiedet.

Nach dem verabschiedeten Text bestehe die Pflicht zur Zahlung von Studiengebühren weiterhin, lediglich die Möglichkeit, dafür günstige Kredite zu erhalten, sei definitiv gestrichen, so Koch. Am Freitag sprachen SPD und Grüne von einer technischen Panne. Das Wissenschaftsministerium hatte ihnen empfohlen, die Passage über den Zeitpunkt der Abschaffung der Studiengebühren zu ändern. Diesem Vorschlag seien SPD und Grüne gefolgt. In dem Entwurf, der den Fraktionen bei der abschließenden Beratung vorgelegen habe, sei die Passage enthalten gewesen. Bei dem einen Exemplar, das an die Landtagskanzlei verschickt worden sei, hätten die drei bedeutenden Zeilen gefehlt. Koch und seine Mitarbeiter hatten den Fehler dagegen entdeckt, und zwar schon vor der Verabschiedung des fehlerhaften Gesetzes in Hessens Parlament.

Die geschäftsführende Regierung berate den Landtag, sei aber kein Kindermädchen, begründete Koch seine ungewohnte Zurückhaltung, denn in der Parlamentsdebatte am Dienstag hatte er geschwiegen. Er wollte wohl als Schlusspunkt dieser Parlamentswoche die Botschaft setzen: „Die können es nicht.“ SPD, Grüne und Linke reagierten empört. Da sei er wieder, der „alte Koch“, der trickst und täuscht, sagte SPD-Chefin, Andrea Ypsilanti. Der Grünen-Fraktionschef höhnte, wenn man Koch die Hand gebe, müsse man anschließend seine Finger nachzählen. Der geschäftsführende Ministerpräsident Koch hatte sich bei seiner Antrittsrede noch als „freundlicher Helfer des Parlaments“ vorgestellt.

Inzwischen hat Koch offenbar die Hoffnung aufgegeben, durch einen Imagewandel und Angebote an die Grünen ein Jamaikabündnis mit CDU, FDP und Grünen schmieden zu können. Es geht ihm inzwischen wohl eher um eine gute Ausgangsbasis für mögliche Neuwahlen. „Auf Jamaika hagelt es“, sagte deshalb der von der CDU lange umworbene Grünen- Chef Al-Wazir. CDU und FDP machten dagegen vor allem die SPD-Chefin Andrea Ypsilanti für die Panne verantwortlich. FDP-Chef Hahn empfahl ihr den Ausstieg aus der Politik. Sein Kollege Christean Wagner (CDU) sagte, sie habe Grund zur Demut. Christoph Schmidt-Lunau

Christoph Schmidt-Lunau

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