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Koch

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Hessen: Koch vor dem Machtverlust?

Die CDU in Hessen dürfte bei den kommenden Landtagswahlen die absolute Mehrheit verlieren - der Ministerpräsident warnt vor einem "Kartell" von SPD, Grünen und Linkspartei.

Nach der letzten schulpolitischen Debatte des hessischen Landtags vor Weihnachten hat der Grünen-Abgeordnete Matthias Wagner der Kultusministerin Karin Wolff (CDU) ein Buchpräsent überreicht. Hape Kerkeling, „Ich bin dann mal weg“. Nach der Landtagswahl am 27. Januar, so der Grüne, werde sich die Ministerin aus ihrem Amt verabschieden müssen. Und das ist nicht nur ein frommer Oppositionswunsch. Die jüngsten Umfragen prognostizieren für die Wahl im Januar erhebliche Stimmenverluste der CDU. Ministerpräsident Roland Koch muss damit rechnen, die vor fünf Jahren errungene absolute Mehrheit zu verlieren und künftig mit der FDP zu regieren. Aber auch eine schwarz-gelbe Mehrheit erscheint derzeit nicht sicher.

Eine rechnerische Mehrheit von SPD, Grünen und Linkspartei wäre ebenso möglich. Der Einzug der Linken in den Landtag wird inzwischen nicht mehr ausgeschlossen. Da die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti eine Koalition mit den „Kommunisten“ allerdings kategorisch ausschließt, könnte die Mehrheitsfindung im nächsten hessischen Landtag schwierig werden. Es kommt jedenfalls vor allem auf das Abschneiden der „kleineren“ Parteien an.

CDU und FDP machen eine aus ihrer Sicht klare Alternative auf: Entweder bleibt Hessen ein „Land der Mitte“ oder das „Linkskartell“ übernimmt die Macht. „100 000 neue Arbeitsplätze nur mit uns“, plakatiert Kochs CDU. Die Parteiprogramme der „Ypsilanti-SPD“ (Koch) und der Linkspartei seien nahezu deckungsgleich, das Bündnis jenseits aller Schwüre daher nur konsequent, sagen CDU und FDP. Koch will die Wahl zu einer „Richtungsentscheidung“ machen, will im Wahlkampf „Kante zeigen“. Ypsilanti setzt nun eine Unterschriftenkampagne für den Mindestlohn dagegen – ein Thema, von dem sich die SPD erhofft, das es die eigenen Anhänger mobilisiert und der Linkspartei schadet.

Aber auch Landesthemen gibt es im Wahlkampf. Dieser Tage gab die Landesregierung grünes Licht für die Erweiterung des Frankfurter Flughafens. „Aus rechtlichen Gründen“ enthält die Baugenehmigung aber nicht das absolute Nachtflugverbot, das alle Ausbaubefürworter versprochen hatten. Die Opposition wirft Koch Wortbruch vor. Er selbst wertet den Beschluss als „mutige Entscheidung“, als Beleg für seine Wirtschaftskompetenz. Eine Linkskoalition würde das Milliarden-Projekt, das 40 000 Arbeitsplätze bringen soll, in den Sand setzen, behaupten Koch und die FDP.

SPD und Grüne müssen sich bei diesem Thema nun neu sortieren. Weil der Ministerpräsident Fakten geschaffen hat, werden die Grünen die neue Landebahn wohl nicht mehr verhindern können. Die SPD sucht rechtliche Möglichkeiten, das Nachtflugverbot doch noch zu verankern. Möglicherweise hat Koch jedoch auch einen Stolperstein weggeräumt, an dem rot-grüne Verhandlungen hätten scheitern müssen. Die SPD hätte auf den Ausbau des Flughafens auf keinen Fall aus Rücksicht auf die Grünen verzichtet.

Die Achillesferse der CDU ist in diesem Wahlkampf ausgerechnet die Schulpolitik. Die Regierung hat die Unterrichtsabdeckung durch Lehrereinstellungen verbessert, die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss verringert, sie hat landesweit einheitliche Prüfungen und Standards eingeführt, um die Qualität des Unterrichts zu verbessern. Doch mit dem umstrittenen Projekt „Unterrichtsgarantie plus“, bei dem auch Nichtpädagogen zur Vertretung herangezogen werden, und mit der Verkürzung der gymnasialen Schulzeit auf acht Jahre, hat Kultusministerin Wolff Schüler, Lehrer und Eltern gegen sich aufgebracht. Der Rückhalt für Wolff hat sogar in den eigenen Reihen so stark gelitten, dass längst über Nachfolger(innen) spekuliert wird. Das grüne Buchpräsent machte also Sinn, so oder so.

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