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Hessen: Showdown der SPD-Kandidaten

Monatelang diskutierte die hessische SPD - unter reger Anteilnahme von Öffentlichkeit und politischer Konkurrenz - über ihre wichtigste Personalfrage: Dem Spitzenkandidat für 2008.

Wiesbaden - Noch ist offen, wer Ministerpräsident Roland Koch (CDU) bei der für Januar 2008 angesetzten Landtagswahl als Spitzenkandidat herausfordern wird. Doch am Samstag soll mit diesem Schwebezustand Schluss sein. Dann kommt die SPD in Rotenburg zu einem Landesparteitag zusammen, der die Personalfrage klären soll.

Die Alternativen lauten Andrea Ypsilanti oder Jürgen Walter. Sie ist Landesvorsitzende der Partei, 49 Jahre alt, geschiedene Mutter eines Sohnes und prominente Vertreterin des linken Parteiflügels. Ihr innerparteilicher Gegenspieler ist Fraktionsvorsitzender im Landtag, elf Jahre jünger als Ypsilanti, Junggeselle und den pragmatisch orientierten "Netzwerkern" in der SPD zuzurechnen.

Dass die beiden überhaupt einen solchen Machtkampf austragen, hat eine Vorgeschichte: Der parteiintern für die Spitzenkandidatur favorisierte ehemalige Offenbacher Oberbürgermeister Gerhard Grandke gab den hessischen Genossen einen Korb. Dem Zwei-Meter-Mann, schon rein äußerlich ein Schwergewicht, wurde zugetraut, die zerstrittenen und auseinander strebenden Parteiflügel zusammen zu halten. Ganz zu schweigen davon, dass viele in ihm den Einzigen in der Hessen-SPD sahen, der das Zeug hätte, Koch Paroli zu bieten.

Machtkampf hinter den Kulissen

Doch dieser Traum ist seit dem 23. August ausgeträumt, als Grandke in einem Vier-Augen-Gespräch Ypsilanti von seinem Verzicht unterrichtete. Die SPD-Landeschefin trat am nächsten Tag vor die Presse und ließ durchblicken, dass sie Koch herausfordern wolle. Walters Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Fünf Tage nach Ypsilanti erklärte der 38-Jährige, gegen die Landesvorsitzende kandidieren zu wollen. Schnee von gestern waren in diesem Moment seine Worte vom Februar, dass er nicht kandidieren wolle, weil es einen geeigneteren Kandidaten - gemeint war Grandke - gebe.

Die SPD-Spitze versuchte, aus der Not eine Tugend zu machen. Flugs wurde eine gemeinsame Vorstellungstour der beiden durch alle 26 SPD-Unterbezirke organisiert, auf der Ypsilanti und Walter nach außen hin demonstrativ Harmonie zeigten. Doch hinter den Kulissen tobte ein Machtkampf mit allem, was dazu gehört. Jeder versuchte, die eigenen Truppen zu mobilisieren.

Punkten konnte zu Beginn Ypsilanti, recht bald dann aber Walter. Jedenfalls führte er bereits früh uneinholbar in Test-Abstimmungen der 26 regionalen Parteigliederungen, die allerdings förmlich nicht bindend sind für die Parteitagsdelegierten. Vor der letzten Vorstellungsrunde am Donnerstag im Unterbezirk Odenwald steht es 17:8 für Walter.

"Klares Stimmungsbild der Basis"

Ypsilanti und ihre Anhänger versuchten, die vermeintlich klare Sprache der Zahlen zu relativieren. Die SPD-Landeschefin selbst wies darauf hin, dass das Schwergewicht unter den Unterbezirken, Frankfurt am Main, genauso behandelt werde wie kleine regionale Parteigliederungen. Ihre Anhänger griffen diese Argumentation jüngst auf und rechneten vor, dass bei Zählung der absoluten Stimmen Walter gerade einmal mit 87 Stimmen Vorsprung bei 6200 abgegebenen Voten führe. Ein "klares Stimmungsbild der Basis" könne aus diesem knappen Ergebnis jedenfalls nicht abgeleitet werden, hieß es.

Ob sich, wenn die Personalfrage geklärt ist, weihnachtlicher Frieden ausbreitet, ist ungewiss. Denn schließlich ist der Entscheidungsprozess innerhalb der SPD nur ein erster kleiner Schritt beim Unternehmen Machtwechsel. Die eigentliche Herkulesaufgabe steht dann erst an: Roland Koch und seine Mannschaft bis zum Wahltag am 27. Januar 2008 so erfolgreich zu bekämpfen, dass die SPD anschließend wieder in Regierungsverantwortung kommt. (tso/ddp)

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