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Politik: Hildegard Hamm-Brücher: Entschlossene Kämpferin gegen das Tamtam

Politische Ämter hat sie nicht mehr. Aber ihre Streitbarkeit hat darunter nicht gelitten.

Politische Ämter hat sie nicht mehr. Aber ihre Streitbarkeit hat darunter nicht gelitten. Der FDP-Parteitag in der vergangenen Woche bekam es zu spüren. Den offenen Brief jedenfalls, mit dem sich Hildegard Hamm-Brücher zu Wort meldete, konnte sich die Partei hinter den Spiegel stecken. "Streichen Sie sofort und ohne neuerliches Tamtam die eins vor der acht und die Idee des Kanzlerkandidaten" herrschte sie Jürgen Möllemann an, und auch Guido Westerwelle bekam sein Fett ab: Die Partei solle sich nicht mehr bei der "Spaßgesellschaft (Big Brother und Konsorten) ... anbiedern".

Der großen alten Dame der FDP ist der Marketing-Liberalismus der gegenwärtigen Stimmführer ihrer Partei zutiefst verdächtig. Dabei hat sie immer Sinn für kräftige Auftritte gehabt und auch durchaus Vergnügen daran, Anstoss zu geben. Aber dass Politik eine ernste, ernstzunehmende Angelegenheit ist, die den Einsatz der ganzen Person wert ist, ist ihr nie fraglich gewesen. Schließlich ist sie noch von den großen Figuren des deutschen Nachkriegs-Liberalismus geprägt worden: Theodor Heuss hat sie, damals eine junge Zeitungs-Redakteurin, zur Politik gebracht. Thomas Dehler war die dominante Gestalt der bayerischen FDP. Und dann gibt es noch das Grundmuster bürgerlichen Politikverständnisses - protestantische Ethik, Freiheit als Verpflichtung, politischer Freisinn -, das bei ihr immer durchdrang. Bei der Opponentin gegen das "rechte" FDP-Establishment in Bayern ebenso gut wie bei der Bildungspolitikerin der siebziger Jahre oder der Verteidigerin sozialliberalen Denkens Anfang der Achtziger.

Hildegard Hamm-Brücher hat sich nicht nur Freunde gemacht, und das lag nicht nur an ihren Gegnern. Dahinter stand die Erfahrung des Dritten Reiches, den die Frühverwaiste aus gutbürgerlichem Haus aufrecht durchlebte, übersetzt in den Nachkriegswillen zur demokratischen Umkehr. Davon und etwas von der Gottesgabe, die der liberale Erzvater Friedrich Naumann Elementarliberalismus nannte, hat sie Freunde und Gegner spüren lassen. An diesem Freitag wird sie achtzig Jahre alt. Aber die große Feier folgt noch: eine Tagung in der Evangelischen Akademie Tutzing Ende Mai - Thema, versteht sich, Demokratiepolitik.

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