zum Hauptinhalt

Politik: Hilfe auf Raten

Industrienationen zögern mit umfangreichen Zusagen im Kampf gegen Kindersterblichkeit

Die G-8-Staaten sind in Zeiten knapper Kassen vor umfangreichen Hilfszusagen für die ärmsten Länder zurückgeschreckt. Am Freitag verpflichteten sich die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industriestaaten und Russlands, fünf Milliarden Dollar über fünf Jahre auszugeben, um die Mütter- und Kindersterblichkeit in Afrika zu bekämpfen. Allerdings hat die Achtergruppe bereits das 2005 im schottischen Gleneagles vereinbarte Ziel, die Hilfen bis 2010 gemeinsam um 50 Milliarden Dollar zu verdoppeln, verfehlt.

Kanadas Ministerpräsident Stephen Harper gab sich zuversichtlich, das moderatere Ziel zu erreichen. Sein Land werde 1,1 Milliarden Dollar beisteuern. Gleichzeitig kündigte Harper an, die Staats- und Regierungschefs würden künftig vorsichtiger mit Hilfszusagen sein. Laut der Kampagnenorganisation One haben von den G-8-Staaten die USA, Großbritannien und Kanada ihre Versprechungen eingehalten, während Italien keine Gelder lieferte und Deutschland, Frankreich und Japan weniger als angekündigt.

Es gehört zu den Millenniumszielen, den Tod von Kindern und Müttern zu reduzieren. Die Hilfsorganisation World Vision schätzt, um die ausgegebenen Ziele zu erreichen, müssten von den G-8-Ländern in den kommenden fünf Jahren etwa 24 Milliarden Dollar aufgebracht werden. „Die fünf Milliarden Dollar, die vom kanadischen Premierminister Stephen Harper angekündigt wurden, sind erheblich zu wenig. Das Geld wird hinten und vorn nicht reichen“, kritisierte die Organisation. Das Treffen der G 8 im kanadischen Huntsville endete am Samstag.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüßte die Hilfszusagen, forderte zugleich aber noch mehr Einsatz für die Entwicklungsländer. „Wir brauchen in dieser Zeit viel, viel mehr“, sagte er dem kanadischen Sender CBC.

Die Vereinten Nationen hatten sich vor dem G-8-Treffen machen im Kampf gegen die Armut selber Mut gemacht: Trotz der Wirtschaftskrise könne die Welt die ehrgeizigen Millenniumsziele bis 2015 noch erreichen, beteuerte Generalsekretär Ban am Mittwoch. Die Weltorganisation hatte in New York und Genf die neuesten Erfolge und Rückschläge bei den Millenniumsentwicklungszielen präsentiert. Die Realisierung der Ziele soll eine lebenswerte Welt für alle Menschen näher bringen. Um die Armut entscheidend zurückzudrängen, setzt Ban auf die reichen Nationen der G 8, darunter Deutschland. Ban erinnerte die Industriestaaten an ihre Zusagen für mehr Entwicklungshilfe: „Lasst uns das Versprechen halten“, mahnte Ban.

Außer der Forderung nach mehr internationaler Hilfe boten die UN keine umfassende Strategie im Kampf gegen die Armut an. Ebenso musste Ban einräumen: „Es ist aber auch klar, das wird das Leben der Armen nur inakzeptabel langsam verbessert haben.“ Der Klimawandel, Konflikte und die rasant gestiegenen Lebensmittelpreise behinderten den Fortschritt.

Der Bericht über die acht Millenniumsentwicklungsziele zeichnet tatsächlich ein gemischtes Bild im Kampf für eine bessere Welt. Die Ziele in den Bereichen Bekämpfung der Armut, des Hungers, von Krankheiten, des Analphabetismus, der Diskriminierung und der Umweltzerstörung haben Unterziele. Im Jahr 2000 hatten sich die UN-Staats- und Regierungschefs auf die Millenniumsentwicklungsziele geeinigt.

Die UN unterstreichen, dass die Halbierung der extremen Armut bis 2015 noch möglich ist. Laut den letzten Schätzungen lebten 2005 rund 1,4 Milliarden Menschen mit weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag, sie galten als extrem arm. Im Jahr 1990, das bei vielen Zielen als Basisjahr gilt, hätten sich 1,8 Milliarden Menschen mit weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag begnügen müssen. Die Halbierung der extremen Armut bis 2015 ist erstes Unterziel des ersten Ziels.

Auf der anderen Seite gestanden die Vereinten Nationen ein: Der Hunger ist kaum zu stoppen. Die Halbierung des Anteils der hungernden Menschen von 1990 bis 2015 ist ein weiteres Unterziel des ersten Ziels. Laut UN-Schätzungen hungerten Anfang der neunziger Jahre 817 Millionen Menschen, bis Ende 2009 stieg die Zahl der Hungernden aber auf mehr als eine Milliarde an.

Auch das Erreichen anderer Ziele ist laut UN noch in weiter Ferne. So sei die Hälfte aller Menschen in den Entwicklungsländern vom Zugang zu Toiletten abgeschnitten. Auch sei es fraglich, ob bis 2015 alle Kinder eine Grundschule besuchen könnten. Ebenso vermeldet die Weltorganisation wenig ermutigende Nachrichten im Kampf für die Gleichberechtigung. Fortschritte hingegen sehen die UN-Fachleute an den Fronten Kindersterblichkeit und Seuchen. Starben 1990 noch 12,5 Millionen Mädchen und Jungen unter fünf Jahren, waren es 2008 rund 8,8 Millionen kleine Todesopfer. HIV/Aids tötete 2004 noch 2,2 Millionen Menschen, bis 2008 sei die Zahl der Aidstodesfälle auf zwei Millionen gefallen. Die Zahl der HIV-Neuinfektionen sinke ebenfalls.mit rtr/AFP

Jan Dirk Herbermann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false