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Politik: Hilfe aus Berlin, Hilfe für Berlin

Baden-Württembergs Ministerpräsident Oettinger setzt im Wahlkampf auf die einst ungeliebte Merkel

Karlsruhe/Stuttgart - Einst galt sie der CDU im Südwesten als Zumutung, jetzt wirbt man mit ihr: Wer die Kanzlerin stärken wolle, der müsse CDU wählen, sagt Ministerpräsident Günther Oettinger in seiner Wahlkampfrede. Und schon gibt es Beifall. Dreimal wird Angela Merkel vor dem Wahltag am 26. März in Baden-Württemberg auftreten, um Oettinger zu helfen. Der Auftakt war am Samstag in Karlsruhe. Selbst in der Woche vor der Wahl setzt Oettinger noch auf Merkel: Mit ihr an der Seite weiht er dann Deutschlands größtes Biomasse-Kraftwerk in Söllingen ein.

Die CDU-Chefin setzt darauf, dass Oettinger nicht enttäuscht und ein gutes Wahlergebnis liefert. Denn im Machtgefüge der großen Koalition in Berlin spielen auch die Landtagswahlen eine Rolle. „Wir brauchen für den Bund ein starkes, CDU-geführtes Baden-Württemberg“, betont die Kanzlerin daher. „Die CDU in Berlin hat nur dann Rückenwind, wenn der Rückhalt aus den Ländern kommt.“ Sagt’s und entschwindet noch vor Oettingers Rede gen Rheinland-Pfalz, wo Merkels Hilfe weit nötiger ist.

Doch wie gut wird Oettinger abschneiden? Wie ein Damoklesschwert schien der Wahltermin lange Zeit über dem ehrgeizigen früheren Fraktionschef zu hängen, der den Rücktritt seines Vorgängers Erwin Teufel kaum erwarten konnte, dann aber nach der Amtsübernahme im vorigen April plötzlich zaghaft wirkte. Seit die Umfragen signalisieren, dass er sich mit seiner Prognose „40 plus x“ nicht überhebt, weicht aber das allzu Angestrengte.

Dennoch ist er in den nächsten drei Wochen unentwegt unterwegs, kein Wahlkreis bleibt ohne Auftritt des Regierungschefs. Eine Lektion haben Oettinger und die CDU aus der fast verlorenen Bundestagswahl gelernt: Keiner soll verprellt werden. Nie fehlt das Versprechen: „Ich will alle mitnehmen.“ Kein Wunder also, dass das einzige TV-Duell mit seiner Herausforderin Ute Vogt von der SPD am Donnerstagabend eher unaufgeregt verlief.

FDP-Spitzenkandidat Ulrich Goll, Justizminister in Oettingers Kabinett, befand danach: „Der Ministerpräsident hat etwas starr gewirkt, die SPD-Bewerberin sprach wie immer im Plauderton.“ Dass Oettinger, „der die eindeutig besseren Konzepte“ habe, sich „in erstaunlicher Weise bedrängen lassen musste“, war eine kleine Spitze, die sich der Justizminister nicht verkneifen mag. Immerhin muss die FDP kein Koalitionsgewackel des Partners fürchten. Oettinger, der sehr wohl schwarz-grün denken kann, redet meist freundlich über die Liberalen. „Der Vorrat an Gemeinsamkeiten ist groß“, sagt er dann. Über eine absolute Mehrheit der CDU wird nicht offiziell geredet.

Dass Vogt im TV-Duell mitgehalten hat, könnte der SPD durchaus einen kleinen Schub geben. Nötig hätte sie ihn. Mit derzeit 29 Prozent in Umfragen rangiert sie spürbar hinter dem Ergebnis der Wahl von 2001, das Ziel der Regierungsübernahme ist sehr fern. Vogt hat, sagen ihre Begleiter, in den vergangenen Jahren weniger nach außen als mehr in die Partei hineingewirkt. Aber in drei Wochen braucht sie mehr als die Parteibasis: es gilt, die durch die Bundespolitik vergrätzten Stammwähler der SPD an die Urnen zu locken.

Besser als vor vier Jahren könnten die Grünen mit ihrem urschwäbischen Spitzenkandidaten Winfried Kretschmann abschneiden. An eine Mehrheit mit der SPD scheinen die Grünen allerdings schon jetzt nicht mehr zu glauben: Weil sich der „Zauber“ von Ute Vogt verflüchtigt habe. Sagt jedenfalls Dieter Salomon, Freiburgs grüner Oberbürgermeister, und ist sich darin einig mit der grünen Landesvorsitzenden Petra Selg.

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