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Politik: Hilfe aus dem Ausland

Briten und Amerikaner sollen russisches U-Boot mit Spezialtechnik bergen / Ärger über Informationschaos

Die russische Nation bangt weiter um die siebenköpfige Besatzung des Tauchboots AS-28, das seit Donnerstag im Beringmeer, 75 Kilometer vor der russischen Pazifik-Halbinsel Kamtschatka in 190 Meter Tiefe auf dem Meeresgrund liegt.

Am Samstag früh war es den Rettungsmannschaften gelungen, zwei Stahltrossen an dem manövrierunfähigem Mini- U-Boot zu befestigen. Seit Mittag versucht ein Bugsierschiff der russischen Pazifikflotte, das Boot in flacheres Wasser abzuschleppen. Wegen des Überdrucks können Marinetaucher die Eingeschlossenen ohne zusätzliches Equipment erst bei Tiefen unter 100 Metern befreien.

Am späteren Abend – vor Kamtschatka beginnt dann bereits ein neuer Tag – werden sich auch britische und US-amerikanische Spezialisten mit schwerer Technik in die Rettungsarbeiten einklinken. Experten hoffen vor allem auf das unbemannte US-Tauchfahrzeug „Scorpion“. Es kann in Tiefen von bis zu 1000 Metern arbeiten und verfügt über Unterwasserkameras und Roboter, die bis zu drei Zentimeter dicke Stahltrossen zersägen können.

Eine Trosse, ein Schlauch und Reste eines Fischernetzes hätten sich um das Tauchboot gewickelt und bei einem Wendemanöver den Unfall verursacht, sagte der Vizestabschef der russischen Seekriegsflotte, Wladimir Pepeljajew und zeigte dazu Skizzen, die nach Unterwasseraufnahmen angefertigt wurden. Küstennahe Zonen des russischen Pazifiks verkämen mehr und mehr zur Müllkippe, tadelte Grigorij Pasjko, ein Umweltschützer, der lange selbst Offizier der Pazifikflotte war, bei Radio Liberty (RFL).

Dort und bei „Echo Moskwy“, einem weiteren kritischen Hörfunksender, sucht die hiesige Öffentlichkeit auch Antwort auf Fragen, die bei staatsnahen Medien weitgehend offen bleiben: Vor allem zur Mission des verunglückten Mini-U- Boots – kritische Experten wie Pasjko behaupten, es habe prüfen sollen, ob ein Untersee-Kabel für die interne Kommunikation der Pazifikflotte von den Amis angezapft ist – und zu dessen tatsächlichen Sauerstoff-Reserven. Deren Umfang nämlich war am Freitag bei der Weitergabe der Daten an die nächsthöhere Kommando- Ebene offenbar immer mehr geschönt worden. Das jedenfalls geht aus einer Chronologie von Statements der Marine hervor, die „Echo Moskwy“ vorlegte. Die Angaben widersprachen sich auch am Samstag. Laut Michail Fjodorow, Chef der Pazifikflotte, reichen die Vorräte „wahrscheinlich bis Sonntagabend“. Einer seiner Presseoffiziere dagegen sprach von weniger als 24 Stunden. Die Hörer, bei denen ungute Erinnerungen an die Lügen und Halbwahrheiten während der chaotischen Versuche zur Rettung des Atom-U-Boots „Kursk“ hochkommen, das vor genau fünf Jahren mit 118 Mann an Bord in der Barentsee unterging, sind empört. Einige fordern in Telefonanrufen die Absetzung hoher Admiräle, allen voran die von Flottensprecher Igor Dygalo, der auch das Kommunikations-Desaster bei der „Kursk“ zu verantworten hatte.

Auf Unverständnis stößt auch, dass Präsident Wladimir Putin, der nach eigenen Worten bei der Amtseinführung im Mai 2000 „für alles, was in Russland passiert, persönlich verantwortlich“ ist, sich – wie beim Untergang der „Kursk“ und beim Geiseldrama in der Schule von Beslan vor fast einem Jahr – erneut in Schweigen hüllt. Obwohl er normalerweise die Hälfte der Nachrichten des Staatssenders RTR füllt.

Zwar ist Verteidigungsminister Sergej Iwanow nun auf dem Weg zum Ort der Tragödie, um die Bergung persönlich zu leiten. So beschloss es die russische Regierung am Samstag in einer Krisensitzung. Doch die entsprechenden Kreml-Bilder sendete das Staatsfernsehen ohne Ton.

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