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Politik: Hilfe für reuige Neonazis gestrichen?

Berlin - Sie holen seit sechs Jahren junge Menschen aus der rechtsextremen Szene heraus, doch nun gerät ihre Arbeit in Gefahr. Die Initiative „Exit Deutschland“, die 260 Aussteiger in ein normales Leben zurückgeführt hat, steckt offenbar in akuter Finanznot.

Von Frank Jansen

Berlin - Sie holen seit sechs Jahren junge Menschen aus der rechtsextremen Szene heraus, doch nun gerät ihre Arbeit in Gefahr. Die Initiative „Exit Deutschland“, die 260 Aussteiger in ein normales Leben zurückgeführt hat, steckt offenbar in akuter Finanznot. Er habe bereits den fünf Mitarbeitern von „Exit“ kündigen müssen, sagte der Leiter der Initiative, Bernd Wagner, am Donnerstag in Berlin. Das Bundesfamilienministerium habe keine Zusage für eine finanzielle Förderung im kommenden Jahr gegeben. 2006 bekam Exit über das Programm „Civitas“ knapp 100 000 Euro. Das Ministerium teilte jedoch am Abend mit, es sei im kommenden Jahr gar nicht mehr für „Exit“ zuständig. Einen Teil der Finanzierung würden das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie die Bundeszentrale für politische Bildung tragen. Vom Ministerium und von der Bundeszentrale war keine Stellungnahme mehr zu erhalten.

Die Initiative gilt als erfolgreichstes Aussteigerprojekt der Bundesrepublik. Viele Neonazis, die mit der Szene brechen, vertrauen sich lieber „Exit“ an als dem Verfassungsschutz, der auch zum Abschied vom braunen Milieu aufruft. Derzeit hilft „Exit“ etwa 50 Aussteigern. Die Arbeit ist gefährlich. In der rechtsextremen Publikation „Der weiße Wolf“ sei „Verrätern“ „die Todesstrafe oder das Reichsgericht“ angedroht worden, sagte Wagner, der selbst bedroht wird.

Sollte die Förderung von „Exit“ eingestellt werden, gerieten die Initiative, aber auch die Justiz in eine makabre Situation, sagte Wagner. Mehrmals hätten Gerichte verurteilten Rechtsextremisten, die aussteigen wollen, die Auflage erteilt, sich bei „Exit“ zu melden – um sicher zu stellen, dass die reuigen Täter nicht rückfällig werden. Selbst wenn „Exit“ keine staatliche Hilfe mehr erhält, wollen Wagner und seine Mitstreiter die Initiative nicht sterben lassen. Exit will nun jede denkbare Geldquelle nutzen. So werde die Aussteiger-Hotline, oft auch von der Presse genutzt, auf eine kommerzielle Telefonnummer umgestellt, sagte Wagner. Anrufer, die sich von der Szene lösen, bekämen das Telefongeld zurück.

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