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Die Regierung hat bei der Abstimmung über das Hilfspaket für Griechenland die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit verfehlt.

© Reuters

Hilfspaket für Griechenland: Euro-Rettung: Angela Merkel verpasst die Kanzlermehrheit

Das neue Hilfsprogramm für Griechenland ist beschlossen. Doch Angela Merkel verfehlte erneut die Kanzlermehrheit. Deutschlandweit ist sogar nur weniger als die Hälfte der Bevölkerung für eine Ausweitung der Rettungspakete.

Der Bundestag hat am Freitag dem Hilfspaket für Griechenland mit breiter Mehrheit zugestimmt. Nur mit den darin enthaltenen Neuerungen könne das Rettungsprogramm für Griechenland fortgesetzt werden, argumentierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). SPD und Grüne erklärten trotz ihrer Zustimmung das Maßnahmenbündel für unzureichend, die Linke sprach sich grundsätzlich dagegen aus.

Für das Griechenland-Paket stimmten 473 Abgeordnete, mit Nein votierten 100, elf Parlamentarier enthielten sich. Mit den Regierungsfraktionen stimmten die Grünen sowie die große Mehrheit der SPD, geschlossen dagegen war die Linke. 23 Abgeordnete aus den Reihen von CDU/CSU und FDP stimmten mit Nein oder enthielten sich, zehn Koalitionspolitiker fehlten bei der Abstimmung. Damit verpasste die Regierungskoalition zum wiederholten Male die - allerdings nur symbolisch wichtige - Kanzlermehrheit, erreichte aber eine eigene Mehrheit.

Schäuble begründete die neuen Hilfen damit, dass Griechenland bei der Umsetzung des laufenden Rettungsprogramms ins Hintertreffen geraten sei und mehr Zeit brauche. Die dadurch entstehende Finanzierungslücke werde mit den vorgesehenen Maßnahmen geschlossen. Ausdrücklich lobte er die zuletzt erzielten Reformfortschritte in Griechenland.

Das Paket umfasst unter anderem ein Schuldenrückkaufprogramm, Zinssenkungen und längere Kreditlaufzeiten. Verbunden damit ist die grundsätzliche Freigabe von Hilfszahlungen in Höhe von insgesamt 43,7 Milliarden Euro an Griechenland. Tatsächlich fließen kann das Geld aber erst, wenn Anfang Dezember das Ergebnis des Schuldenrückkaufprogramms feststeht. Für den Bundeshaushalt bedeutet das Paket erstmals konkrete Belastungen: Im Jahr 2013 sind es rund 730 Millionen Euro an entgangenen Zinseinnahmen.

Die aktuelle Debatte über einen Schuldenschnitt zu Gunsten Griechenlands kritisierte Schäuble: "Wir dürfen keine falschen Anreize für ein Nachlassen der griechischen Reformbemühungen setzen." Grundsätzlich wird ein Schuldenschnitt zu einem späteren Zeitpunkt aber auch in der Bundesregierung nicht ausgeschlossen.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hält einen Schuldenschnitt dagegen für unausweichlich. „Sie scheuen diese Wahrheit wie der Teufel das Weihwasser“, warf er der schwarz-gelben Koalition vor. Auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte, „eines Tages“ werde es einen Schuldenschnitt geben müssen.

Steinmeier räumte ein, dass das Votum auch in seiner Partei strittig gewesen sei. Es gehe aber nicht um eine Bewertung der Arbeit der Koalition, sondern um die „europäische Verantwortung“. In der SPD-Fraktion gab es 20 Abweichler.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle bekannte sich ebenfalls zu den Maßnahmen. „Griechenland steuert um: Es will mehr Wettbewerbsfähigkeit erreichen und braucht mehr Zeit“, sagte er.
Linken-Fraktionsvize Sahra Wagenknecht sagte, auch das neue Programm helfe nur den Banken und Finanzspekulanten. Es werde nur beschlossen, um vom „Bankrott“ der schwarz-gelben Krisenpolitik abzulenken.

Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Michael Sommer, forderte in der „Bild"-Zeitung vom Freitag, das Auslandsvermögen steuerflüchtiger Griechen einzufrieren. Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach sich im Deutschlandfunk dafür aus. Laut ZDF-"Politbarometer“ würden 46 Prozent der Deutschen einen Bankrott des Landes in Kauf nehmen, 43 Prozent plädieren dagegen für die Ausweitung des Rettungspakets. (AFP)

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