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Politik: Hinter den Linden: Nichtskönner

Manchmal wirkt auch der politische Journalismus wie ein Kapitel aus dem großen Lehrbuch der Verhaltensbiologie, Unterkapitel Herdentrieb: In der Regel grast die Presse auf den Nachrichtenweiden ruhig vor sich hin, doch wenn sich einige in Bewegung setzen, gar losrennen, dann gibt es bald kein Halten mehr, keiner will zurückbleiben. Wenn die Herde gerade an einem anderen Schauplatzt tobt, werden gewöhnlich gut besuchte Termine zu öden Veranstaltungen.

Von Hans Monath

Manchmal wirkt auch der politische Journalismus wie ein Kapitel aus dem großen Lehrbuch der Verhaltensbiologie, Unterkapitel Herdentrieb: In der Regel grast die Presse auf den Nachrichtenweiden ruhig vor sich hin, doch wenn sich einige in Bewegung setzen, gar losrennen, dann gibt es bald kein Halten mehr, keiner will zurückbleiben. Wenn die Herde gerade an einem anderen Schauplatzt tobt, werden gewöhnlich gut besuchte Termine zu öden Veranstaltungen. So zum Beispiel am vergangenen Freitag, als die vielen Sprecher der Bundesregierung von ihren Plätzen auf dem Podium der Bundespressekonferenz ein seltenes Schauspiel erblickten: Im Saal nämlich saßen mehr Gäste als Journalisten. Die meisten Kollegen verfolgten dagegen die Steuerdebatte im Bundestag. Trotzdem wollte ein Journalist wissen, ob der Kanzler sicher sei, dass die Zahl der Arbeitslosen in diesem Jahr nicht über die Vier-Millionen-Marke klettere. Regierungssprecher Uwe Karsten Heye gab kühl zurück, der Kanzler mache keine Wetterprophezeiungen, "jedenfalls nicht, was die Strenge des Winters angeht". Schade, dass so wenige zuhörten. Ist es doch ausgesprochen selten, dass der Regierungssprecher einmal zugibt, dass sein Chef etwas nicht kann.

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