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Politik: Hinter den Linden: Rechtes Maß

Gut und praktisch ist es, groß zu sein. Man muss es ja nicht übertreiben - der Dinosaurier bietet anschauliche Warnung.

Von Robert Birnbaum

Gut und praktisch ist es, groß zu sein. Man muss es ja nicht übertreiben - der Dinosaurier bietet anschauliche Warnung. Aber im Allgemeinen verschafft Größe Vorteile im Leben. Schon auf dem Schulhof sinkt mit jedem Zentimeter mehr die Wahrscheinlichkeit, vermöbelt zu werden. Auch eine erkleckliche Anzahl prestigeträchtiger Sportarten setzt ein Mindest-Gardemaß voraus, Basketball zum Beispiel. Nur beim Fußball reüssieren gelegentlich die Kleinen mit den krummen O-Beinen.

Vollends in der Politik - da ist Größe nämlich überhaupt das Entscheidende. Nicht in Zentimetern natürlich, wie prominente Gegenbeispiele belegen. Sondern in Mitgliederzahlen und möglichlist zahlreichen Wählern versteht sich.

Auf der anderen Seite ist schiere Größe bisweilen hinderlich. Sogar in der Politik. Nehmen wir die FDP in Thüringen. Die hat sich, als sie 1990 aus Ruinen auferstand, eine Satzung gegeben. Ob die Neu-Demokraten noch nicht die rechte Erfahrung hatten, ob sie einfach von einem unleserlich gefaxten West-Exemplar abschrieben, wir wissen es nicht. Jedenfalls fehlt die Vorschrift, wie die Wählervertreterversammlung zu wählen sei. Bis vor kurzem hat das keiner bemerkt. Die FDP hat ihre Kandidaten für die Landtags- und die Bundestagswahl auch so aufgestellt.

Jetzt erst ist der Formfehler aufgefallen. Und wird er nicht behoben, kann die FDP Thüringen die Bundestagswahl glatt vergessen. Eilig hat man deshalb für Sonnabend eine Mitgliederversammlung einberufen. Ginge es um die CDU, oder gar um die SPD - allein der Berg an Einladungskarten! Die 2800 Freien Demokraten aber kann der Landesvorstand bei geschickter Aufteilung notfalls sogar persönlich abklappern. Gut und praktisch ist es ab und an eben auch, ganz klein zu sein.

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