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Politik: Hinter den Linden: Relikte

Dem Quastenflossler ist der Fortschritt vollständig egal. Tief im Dunkel des Indischen Ozeans lebt er, paddelt mit seinen Stummelflossen träge um Felsabstürze herum, lässt sich von der Strömung treiben und schert sich einen Dreck darum, dass er eigentlich längst ausgestorben sein sollte.

Von Robert Birnbaum

Dem Quastenflossler ist der Fortschritt vollständig egal. Tief im Dunkel des Indischen Ozeans lebt er, paddelt mit seinen Stummelflossen träge um Felsabstürze herum, lässt sich von der Strömung treiben und schert sich einen Dreck darum, dass er eigentlich längst ausgestorben sein sollte. Alles um ihn herum hat sich weiter entwickelt. Der Riesen-Hai ist seit ein paar Millionen Jahren nicht mehr vorbeigekommen, nur kümmerliche Nachfahren schleichen umher. Ein paar alte Kumpels sind an Land gegangen. Sollen dort eine rauschende Karriere hingelegt haben und jetzt auf zwei Hinterquasten umherstolzieren. Na, wenn sie Spaß dran haben!

60 Millionen Jahre lang haben alle anderen Wesen auf dem Planeten geglaubt, der Quastenflossler sei nur noch als Fossilie zu besichtigen, sorgsam zwischen Kalkplatten gepresst oder auch zwischen Schiefergestein. Seit 1938 wissen wir: Das ist ein Irrtum. Seither sind die Wissenschaftler vorsichtig geworden. Und sie tun gut daran. Neulich ist hier hinter den Linden zum Beispiel wieder ein Exemplar einer ausgestorben geglaubten Gattung gesichtet worden. Es war bei einem dieser geselligen Empfänge, dass jemand den ehemaligen Postminister Wolfgang Bötsch gefragt hat, ob er denn am Wochenende in Berlin gewesen sei? Da war er aber an den Rechten geraten! "Man kann doch nicht am Wochenende in Berlin sein!" grantelte der Franke. "Was soll ich denn da?!"

Tief im Ozean zieht der Quastenflossler seine Bahn. Schön ist er nicht. Kunststücke kann er auch nicht vollführen. Trotzdem fasziniert er uns. Denn auch Sturheit kann anrührend sein.

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