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Politik: Hinweise auf Wahlfälschung im Kongo

Mehrere Ergebnislisten verschwunden / Beobachter noch zurückhaltend

Der weitgehend friedlich und geordnet verlaufene Wahlsonntag in der Demokratischen Republik Kongo wird seit Montag abgelöst von Chaos, das sich immer weiter ausbreitet. Die erste Auszählung war noch über Nacht in den Wahllokalen selbst erfolgt, die jeweiligen Ergebnisse wurden an den Lokalen ordentlich ausgehängt. Dagegen wurden im weiteren Verlauf in einigen Sammelstellen die Stimmzettel und Berichte abgeworfen wie auf Müllhalden. In der Sammelstelle des Stadtteils N’djili lagen ehemals versiegelte Umschläge mit den Wahlergebnissen einzelner Lokale nun aufgerissen auf dem Boden. Die Zettel mit den Ergebnissen fehlten. Anwesende EU-Beobachter dokumentierten dies.

Doch offiziell äußerten sich die 1500 internationalen und mehr als 50 000 nationalen Wahlbeobachter noch sehr verhalten. So sagte der ehemalige kanadische Premierminister Joe Clark, die Unregelmäßigkeiten im Wahlablauf „scheinen zu diesem Zeitpunkt noch gering“. William Swing, Leiter der UN-Mission für den Kongo (Monuc), bat am Mittwoch darum, den verantwortlichen Instanzen genug Zeit zu geben, die Vorwürfe zu prüfen. Er habe „volles Vertrauen“ in die Wahlkommission und das oberste Gericht.

Die kongolesische Medienaufsicht HAM verurteilte die Verletzung des Wahlgesetzes durch verschiedene Medien, die bereits vorschnell Kandidaten zu Siegern erklärt hatten. So hatte eine Radiostation in der östlichen Provinz Südkivu bereits am Dienstag den angeblichen Sieg des amtierenden Präsidenten Joseph Kabila verkündet. Am Mittwoch titelte eine Zeitung in Kinshasa: „Bemba vernichtet Kabila“.

Vizepräsident Azarias Ruberwa, der selbst für das Amt des Präsidenten kandidierte, sprach von einem massivem Wahlbetrug zugunsten von Präsident Kabila. Jean-Pierre Bemba, ein weiterer Vizepräsident, erkärte sich bereits in einigen Provinzen zum Sieger. Tatsächlich hat er wahrscheinlich die Provinz Kinshasa gewonnen. Da aber Kinshasa höchstens 10 Prozent der Bevölkerung ausmacht, ist ein Sieg hier nicht aussagekräftig. Es herrscht unter Beobachtern aber kaum ein Zweifel, dass die beiden einzigen aussichtsreichen Kandidaten Joseph Kabila und Jean-Pierre Bemba sind.

Die vorläufigen Endergebnisse sollen spätestens am 20. August von der Wahlkommission bekannt gegeben werden. Das oberste Gericht wird das endgültige Resultat spätestens am 31. August verkünden. Für den Fall, dass keiner der Präsidentschaftskandidaten in der ersten Runde mehr als 50 Prozent erreicht, wird am 29. Oktober eine Stichwahl stattfinden. Sollte ein Kandidat die absolute Mehrheit bereits in der ersten Runde erzielen, könnte der neue Präsident am 10. September sein Amt antreten.

Judith Reker[Kinshasa]

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