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Politik: Hirsche auf der Lichtung der Zukunft

Von Robert von Rimscha Natürlich musste das Wort „historisch“ fallen. Gerhard Schröder und Edmund Stoiber im Rededuell, und das vor Journalisten zweier Zeitungen statt im Fernsehen – ein außergewöhnliches Ereignis.

Von Robert von Rimscha

Natürlich musste das Wort „historisch“ fallen. Gerhard Schröder und Edmund Stoiber im Rededuell, und das vor Journalisten zweier Zeitungen statt im Fernsehen – ein außergewöhnliches Ereignis. 1000 Fotos sollen die Debatte festgehalten haben. Heute nun beginnt der Abdruck in „Bild am Sonntag“ und „Bild“. Zuvor hatten die beiden Springer-Zeitungen tief in der Metaphern-Truhe gewühlt und Charakterisierungen wie jene hervorgeholt, der Kanzlerkandidat der Union gleiche einem „staksigen Storch voller Energie". Amtsinhaber Schröder dagegen, als „Sitzriese“ enttarnt, „guckt an die Decke. Sein Blick will sich vom Gegner befreien“. „Bild“ rührte also am Samstag die Werbetrommel und gab die Einschätzungen preis, der Kanzler sei vorsichtig und abgekapselt, der Herausforderer dagegen unruhig, aber aufrichtig. Ehe eine zweite Auflage des „Print-Duells“ bei „Süddeutscher Zeitung“ und „Welt“ stattfindet und ehe hernach die beiden Fernseh-Duelle am 25. August und am 8. September abgehalten werden, dürfte indes mehr über die Spielregeln solcher Veranstaltungen als über die Körperhaltung gestritten werden.

Die Blätter hatten sich vorgenommen, den gesamten Wortlaut des Streitgesprächs zu veröffentlichen, also auf nachträgliche Bereinigungen zu verzichten, wie sie sonst bei Interviews deutscher Zeitungen üblich sind. Das Problem dabei: Aus der Berliner Springer-Zentrale ist zu hören, dass Stoiber häufig seine ihm eingeräumte Zeit heftig überzog. Öfter als Schröder soll er ins Wort gefallen sein, nicht selten war die Atmosphäre ohnedies hitzig. Insgesamt ergäbe ein Wortlaut-Protokoll nicht nur einen endlos langen Text, sondern vor allem ein deutliches Platz-Übergewicht des in langen Sätzen sprechenden Ministerpräsidenten. Eine diffizile Aufgabe für die Blattmacher der Zeitungen.

Bei der Begrüßung vor der Pinien-Täfelung der ehrwürdigen Springer-Bibliothek soll es noch recht zivil zwischen den beiden Politikern zugegangen sein. Stoiber soll gesagt haben: „Wir sind ja keine Feinde.“ Der Kanzler rang sich ebenfalls ein freundschaftliches Wort ab: „Da stimme ich Ihnen zu."

Heute also wissen wir mehr. Vorab hat „Bild“ nur wissen lassen, es handele sich bei Stoiber und Schröder um „zwei Hirsche auf der Lichtung der Zukunft". Licht scheint nur die Zeit nach dem 22. September zu sein. Denn nicht nur beim 90-Minuten-Duell der Kanzlerkandidaten knisterte es. Nein, auch „der Himmel über Berlin ballt seine grauen Fäuste". Wen der Himmel wohl wählen wird?

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