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Politik: Hirtenbrief: "Nur noch Menschen katholischer Religion sollen einwandern"

Zunächst, sagt Italiens Ministerin für soziale Solidarität, Livio Turco, habe sie das Ganze "schlichtweg für eine verspätete Sommerloch-Ente" gehalten. Mittlerweile aber bereite ihr die Sache "mächtige Kopfschmerzen": In einem Hirtenbrief hat der Erzbischof von Bologna, Giacomo Biffi, sein Spezialrezept in Sachen Immigration verkündet.

Zunächst, sagt Italiens Ministerin für soziale Solidarität, Livio Turco, habe sie das Ganze "schlichtweg für eine verspätete Sommerloch-Ente" gehalten. Mittlerweile aber bereite ihr die Sache "mächtige Kopfschmerzen": In einem Hirtenbrief hat der Erzbischof von Bologna, Giacomo Biffi, sein Spezialrezept in Sachen Immigration verkündet. Die Gefahr gehe nicht vom Ausländer-Zustrom als solchem aus, so der Kardinal - schließlich hat der Papst selbst ja unlängst erklärt, Italien und Europa bräuchten nicht weniger, sondern mehr Immigranten: Die Gefahr bestehe vielmehr darin, daß die angestammte abendländische Kultur durch fremde Religionen und "insbesondere integralistische, fundamentalistische Lehren" zersetzt werde, die "nichts mit dem Christentum gemein haben". Mithin: "Wenn die Politiker ihrem Volk wohlgesinnt sind, dann sorgen sie dafür, dass künftig nur noch Menschen katholischer Religion einwandern dürfen." Später, in einem Interview, legte er sich selbst aus: mit "katholisch" meine er natürlich den christlichen Kulturkreis insgesamt. Mithin Zuwanderer aus Ländern Südamerikas, aus Polen, den Philippinen; während man etwa Türken, Afghanen, Leute aus dem Maghreb und aus Afrika und auch den größten Teil der Balkanbewohner außen vor halten solle.

Nun ist Kardinal Biffi als eine der Galionsfiguren des konservativen bis reaktionären Flügels der katholischen Würdenträger bekannt, und insofern sind seine Einstellungen nichts Neues. Auch haben die kritischen Kommentare zu seinem Statement sowohl seitens der Kurie wie zahlreicher Bischöfe nicht auf sich warten lassen: "So marschieren wir direkt in den übelsten Rassismus hinein", schleuderte ihm der hochangesehene ehemalige Bischof von Acerra, Antonio Riboldi, entgegen, und der im Vatikan für Immigrationsfragen zuständige Monsignor Francesco Gioia erklärte kopfschüttelnd: "Für die Kirche sind doch alle Menschen Brüder."

Doch was Solidaritätsministerin Turco so besonders beunruhigt, ist die Tatsache, dass sich offenbar ziemlich viele Italiener mit dem Vorschlag Biffis einverstanden erklären. Sendungen mit Zuschauerbeteiligung und Briefkästen der Zeitungen sind voll von Kommentaren der Art, wie ein Hörer aus Mailand kundtat: "Das ist doch die Lösung - auf diese Weise kann man die Kriminellen aus Ex-Jugoslawien genauso draußen halten wie diese blutrünstigen Kurden." Die oberitalienische Liga Nord, seit jeher allen Immigranten abgeneigt, sieht gar "endlich, endlich ein schandhaftes Tabu gefallen, das uns die nationale Identität zu rauben gedroht hat."

Dabei geben die realen Zahlen keinerlei Begründung für derlei Sprüche her: nicht einmal eine halbe Million Muslime lebt im 53-Millionen-Volk Italien; mehr als die Hälfte der gut eineinhalb Millionen Zugewanderten stammt sowieso seit eh und je aus zumindest christlichen, überwiegend sogar katholischen Ländern. Die meisten Kommentatoren sehen in den Sätzen Biffis daher auch eher eine der inzwischen anschwellenden Äußerungen im Vorfeld einer in absehbarer Zeit möglichen Papstwahl.

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