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Politik: Hisbollah kämpft um Ministerposten

Die Hisbollah-Plakate vom „göttlichen Sieg“ über die israelische Armee säumen noch die Hauptstraße vom Flughafen ins Stadtzentrum von Beirut. Doch zweieinhalb Monate nach Kriegsende konzentriert sich die islamistische Bewegung auf das irdische Diesseits und will politisches Kapital aus ihrem militärischen Kampf schlagen.

Die Hisbollah-Plakate vom „göttlichen Sieg“ über die israelische Armee säumen noch die Hauptstraße vom Flughafen ins Stadtzentrum von Beirut. Doch zweieinhalb Monate nach Kriegsende konzentriert sich die islamistische Bewegung auf das irdische Diesseits und will politisches Kapital aus ihrem militärischen Kampf schlagen. Sie will ihren neuen Verbündeten, den Christenführer Michel Aoun, an den Kabinettstisch bringen. Bis Mitte November. Sonst droht Hisbollah-Führer Nasrallah mit Massendemonstrationen.

In den vergangenen Wochen hatte es bereits kleinere bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Hisbollah-Anhängern und Christen gegeben. Die USA hatten Syrien beschuldigt, die Regierung von Fuad Siniora stürzen zu wollen. Zwar trafen sich am Donnerstag die Führer aller politischen Lager zu neuen Gesprächen, nachdem sie sich monatelang nur wüst beschimpft hatten. Aber eine Annäherung der Positionen zwischen dem syrienkritischen Lager um Saed Hariri und Walid Dschumblatt sowie der Syrien nahe stehenden Hisbollah und Aoun ist nicht zu erkennen.

„Nasrallah spielt mit dem Feuer“, sagt Innenminister Ahmed Fatfat. Der enge Vertraute von Ministerpräsident Fuad Siniora gibt sich offen für einen Dialog. Doch er lehnt das Ultimatum ab. Außerdem will er nicht nur über die zwei Themen Regierungsumbildung und ein neues Wahlgesetz reden. „Das ist kein Dialog“, meint er. Fatfat glaubt, dass Hisbollah und ihr Verbündeter Aoun eine Sperrminorität im Kabinett erlangen wollen, bevor über die Einsetzung eines internationalen Gerichts zur Aufklärung des Mordes an Ex-Premier Rafiq Hariri entschieden wird. Und eine Debatte über das Schicksal von Präsident Emile Lahoud zu verhindern. Er genießt dank einer von Syrien durchgesetzten Verfassungsänderung eine weitere Amtszeit bis 2007. „Das ist unser Hauptproblem.“ Für die Kräfte des 14. März um Hariri-Sohn Saed, welche die Parlamentswahlen im Juni 2005 gewonnen hatten, steht außerdem die Entwaffnung der Hisbollah zur Debatte.

Der Abgeordnete und Schwiegersohn von Michel Aoun, Gibran Bassil, weist den Vorwurf zurück, man strebe lediglich eine Sperrminorität an, um das internationale Gericht zu verhindern. Er wirft der Regierung vor, dass die Wahlen „unfair“ gewesen seien und die Freie Patriotische Bewegung (FPM) von Aoun nicht angemessen am Kabinettstisch repräsentiert sei. Aoun hatte nach den Wahlen eine Beteiligung an der Regierung abgelehnt, weil ihm nicht genug Ministerposten angeboten worden waren. Er fordert vier Minister im 24-köpfigen Kabinett. Die Hisbollah verfügt bisher über zwei Minister.

Angesichts der Blockade der vergangenen Monate sehen Kommentatoren allein in der Wiederaufnahme des nationalen Dialogs einen Fortschritt. Die Kräfte des 14. März haben durchblicken lassen, dass sie eine Erweiterung des Kabinetts nicht ausschließen. Allerdings nur, wenn dies mit einem „Wechsel in der Präsidentschaft“ einhergehe, sagt Saed Hariri.

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