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US-Präsident Donald Trump

© Carlos Barria/REUTERS

Hochbrisanter Steuer-Rechtsstreit: Trump muss Steuererklärung offenlegen – aber nicht vor jedem

Nach einer Anhörung zeichnet sich eine Tendenz unter den Verfassungsrichtern ab: Der Präsident ist nicht immun, muss aber seine Finanzen nicht allen zeigen.

Das Oberste Gericht der USA wird wohl beide Seiten des Rechtsstreits zu Verlierern machen: Donald Trump und die Demokraten. Nach der Anhörung ihrer Argumente vor dem Supreme Court am Dienstag, ob der Präsident seine Finanzunterlagen herausrücken muss, sind sich die Rechtsexperten großer US-Medien wie der "New York Times" und der "Washington Post", in ihrer Prognose weitgehend einig. Die Fragen der neun Verfassungsrichterinnen und -richter lassen darauf schließen, dass sie dem Argument der Trump-Anwälte nicht folgen, ein Präsident genieße während seiner Amtszeit umfassende Immunität, die ihn generell vor Untersuchungen durch Gerichte und Parlamentsausschüsse schütze. Auch er muss je nach Fall Unterlagen herausgeben.

Die Bürger bekommen die Informationen nicht vor der Wahl

Die Demokraten können sich jedoch auch keine großen Hoffnungen machen, dass sie ihr Ziel erreichen. Sie wollen durchsetzen, dass die mutmaßlich brisanten Unterlagen noch vor der Wahl im November der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Sie setzen darauf, dass Trumps Ansehen dadurch Schaden erleiden würde und seine Wiederwahl weniger wahrscheinlich werde.

Drei Kongressausschüsse und ein Gericht in New York hatten von Trump Unterlagen zu seinen persönlichen Steuern und zu den Finanzen seiner Unternehmen angefordert. Der Präsident hatte das verweigert. Der Trump nahestehende Sender Fox News hebt hervor, dass die obersten Richter die Rechte des Kongresses, den Präsidenten zu kontrollieren, offenbar anzweifeln und eng begrenzen.

Auch hier ergeben sich die Hinweise aus den Nachfragen der höchsten Richterinnen und Richter. Sie deuten darauf hin, dass sie mehrheitlich dazu tendieren, dass Trump die Unterlagen an ein New Yorker Bezirksgericht herausgeben muss, nicht aber an die Untersuchungsausschüsse des Kongresses, weil die mit der Anforderung der Unterlagen ihre Kontrollkompetenzen überschreiten.

Das hätte Folgen für die potenzielle Veröffentlichung. Käme der Kongress in Besitz der Unterlagen, würden die Inhalte öffentlich diskutiert. Gehen sie nur an das Gericht in New York, blieben sie vertraulich und würden nur der Jury und dem Richter dort zugänglich gemacht. Außerdem sieht es danach aus, dass eine potenzielle Übergabe an das New Yorker erst nach der Wahl erfolgen würde, weil der Supreme Court diesem Gericht mutmaßlich weitere Verfahrensschritte vorgibt, die den zeitlichen Ablauf verzögern. Wenn es so kommt, kann Trump aufatmen: Die Unterlagen werden vor der Wahl im November nicht öffentlich.

Historische Parallelen zu McCarthy, Watergate und Lewinsky

In der Anhörung wurden weitreichende historische Parallelen gezogen: Der Supreme Court hatte Präsident Richard Nixon zur Herausgabe der Tonbandmitschnitte in der "Watergate"-Affäre gezwungen. Und Präsident Bill Clinton, Auskunft über sein Verhältnis mit Monica Lewinsky, Praktikantin im Weißen Haus, zu geben. Wie weit geht und wo endet das "Executive Privilege" des Präsidenten?

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Die obersten Richter argumentierten streckenweise ganz anders, als es der angeblichen ideologischen Einteilung am Supreme Court in konservative Trump zugeneigte und progressive Trump abgeneigte Mitglieder entspricht. Der liberale Stephen Breyer sagte, er habe Bedenken, Kongressausschüssen die Erlaubnis zu parteipolitisch motivierten Untersuchungen zu geben. Er berief sich auf die Erfahrungen der USA mit der Kommnunistenjagd in den 1950er Jahren, als Senator Joseph R. McCarthy in Untersuchungsausschüssen des Kongresses gegen Linke vorging wegen einer angeblich drohenden kommunistischen Unterwanderung der USA.

Trumps Geschäfte mit der Deutschen Bank

Der Rechtsstreit ist aus mehreren Gründen hochbrisant. Seit Jahrzehnten ist es üblich, dass Präsidentschaftsbewerber ihre finanziellen Verhältnisse und auch ihre Steuererklärungen offenlegen. Es gibt aber keine rechtliche Verpflichtung dazu. Trump hatte diese Transparenz von Konkurrenten im Wahlkampf gefordert und seinerseits zugesagt, dass er das tun werde. Er verzögerte die Einlösung seines Versprechens immer wieder mit der Behauptung, dass gerade eine Steuerprüfung erfolge und er die Unterlagen erst danach offenlegen könne. Schließlich zog er seine Zusage zurück.

Seither wird spekuliert, ob Trump etwas zu verbergen habe, was ihm politisch schaden würde, und was das sein könne? Dabei geht es unter anderem um sein Verhalte in der Russland-Affäre. Eine Vermutung betrifft seine Geschäfte mit der Deutschen Bank. Sie sind auch Gegenstand des Gerichtsverfahrens in New York. Die Deutsche Bank hatte ihm noch Millionenkredite für seine Immobiliengeschäfte gewährt, als andere Finanzinstitute dazu nicht mehr bereit waren. Manche Beobachter argwöhnen, auf dem Weg über die Deutsche Bank seien russische Schwarzgelder in die USA transferiert und so "weiß gewaschen" worden. Das deutete auch Michael Wolff in seinem Enthüllungsbuch "Fire and Fury" an.

Was verbirgt Trump: Ist er kein Milliardär? Zahlt er kaum Steuern?

Andere Erklärungsversuche gehen dahin, dass bei einer Veröffentlichung herauskäme, dass Trump gar nicht so reich ist, wie er behauptet. Jedenfalls kein Milliardär. Und dass er auch wirtschaftlich nicht so erfolgreich ist, wie er angibt. Das würde das von ihm gepflegte Image beschädigen, ein genialer "Dealmaker" zu sein.

Schaden könnte es ihm auch, wenn bei einer öffentlichen Analyse seiner Steuerunterlagen seiner herauskäme, dass er trotz hoher Einnahmen kaum Steuern bezahlt.

Trumps Finanzunterlagen werden wohl nicht öffentlich, jedenfalls nicht vor der Wahl. Eines aber haben die Gerichtsverfahren durch mehrere Instanzen bis hinauf zum Supreme Court erreicht: Die Frage, warum Trump seine Steuerunterlagen nicht herausrücken möchte, wird im Zuge der Berichterstattung regelmäßig diskutiert. Und ist damit Teil des Wahlkampfs.

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