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Hochschulen: Schlechte Noten für die Bildung

Trotz Reformen ist Deutschland im internationalen Vergleich bei der Ausbildung von Hochqualifizierten weiter zurückgefallen. Dem Land fehlen Hochschulabsolventen, sagt eine neue OECD-Studie.

Berlin - Deutschland schöpfe die Begabungen junger Menschen nicht ausreichend aus und bilde nach wie vor zu wenig Hochschulabsolventen aus, heißt es in einem Bildungsbericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Der Anteil der Hochschulabsolventen lag im Jahr 2004 mit 20,6 Prozent eines Jahrgangs deutlich hinter dem Durchschnitt der OECD, in der 30 hoch entwickelte Länder vereinigt sind. Lediglich in der Türkei, in Österreich und in Tschechien schließen noch weniger Menschen ein Studium ab.

Die bisherigen Anstrengungen zu Reformen im Bildungssektor reichten nicht aus, um "den Platz Deutschlands im internationalen Vergleich zu verbessern oder zu halten", sagte Andreas Schleicher, der Autor des OECD-Berichts "Bildung auf einen Blick". Angesichts der geringen Geburtenraten werde sich das Problem noch verschärfen: Deutschland werde "den steigenden Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften so nicht befriedigen können", sagte Schleicher.

Der OECD-Bericht zeigt nach Einschätzung des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bildungsministerium, Andreas Storm (CDU), dass es in vielen Bereichen des Bildungssektors "noch erheblicher Anstrengungen" bedürfe. "Wir müssen mehr junge Leute zum Studium bringen", sagte Storm in Berlin. Dazu gehörten Begabtenförderung genauso wie Hilfe für Menschen mit schlechteren Startchancen. "Mit der gemeinsamen Anstrengung von Bund und Ländern werden wir in wenigen Jahren zu den führenden Staaten der OECD aufschließen", sagte Storm.

Experte: Leichter Anstieg, aber nicht genug

OECD-Experte Schleicher betonte, dass die Reformanstrengungen Deutschlands im Bildungssektor Wirkung zeigten. Zwischen 2000 und 2004 sei die Zahl der Hochschulabsolventen eines Jahrgangs von 19,3 Prozent auf 20,6 Prozent gestiegen. Allerdings laufe diese Entwicklung in anderen OECD-Staaten weitaus schneller: Die Zahl der Absolventen stieg im Gesamtdurchschnitt im gleichen Zeitraum von 27,5 Prozent auf 34,8 Prozent. Im längerfristigen Zeitraum von 1995 bis 2004 sei in Deutschland die Zahl der Studierenden lediglich um acht Prozent gestiegen, während der OECD-Durchschnittswert bei 49 Prozent liege.

Erschwert werde der Fortschritt in Deutschland dadurch, dass das Potenzial an Studenten "weitgehend ausgeschöpft" sei, da nur "ein vergleichsweise geringer Anteil der Schüler in Deutschland die Hochschulreife erwirbt, sagte Schleicher. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD), forderte in diesem Zusammenhang, mehr Schülern den Weg aufs Gymnasium zu ebnen. "Wir müssen die Begabungsreserven ausschöpfen", sagte sie in Berlin.

Positiv: Mehr Studienabschlüsse möglich

Zufrieden zeigten sich die OECD-Experten mit der gewachsenen Angebotspalette an Studienabschlüssen in Deutschland. Die Einführung von vergleichsweise kurzen Bachelor- und Masterstudiengängen senke die Hemmschwelle zur Aufnahme eines Studiums. Zudem führten solche Studiengänge besonders häufig zum Erfolg: Bei längeren Studiengängen weist Deutschland laut OECD mit 35 Prozent eine sehr hohe Abbrecherrate auf, die unter zehn vergleichbaren OECD-Staaten nur von Tschechien übetroffen wird. Bei drei- bis fünfjährigen Studiengängen liegt die Quote der Abbrecher hingegen nur bei acht Prozent und damit deutlich unter dem OECD-Mittel von 27 Prozent.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte das deutsche Bildungsystem scharf. Eine Trendwende in der Bildungspolitik sei nicht in Sicht, erklärte die stellvertretende GEW-Vorsitzende Marianne Demmer. Deutschland verliere in wichtigen Feldern sogar weiter an Boden. (tso/AFP)

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